Ausblick auf Japans Geldpolitik — Ein Ziel, ein Team
Japan dürfte nach unserer Meinung in den nächsten sechs bis acht Wochen zu einer wachstumsfreundlichen Wirtschaftspolitik zurückkehren. Nachdem es die umstrittenen Sicherheitsgesetze größtenteils durchgesetzt hat, wird sich das „Team Abe“[1] nunmehr möglichst umgehend wieder auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik profilieren wollen. Der Druck steigt, nachdem sowohl der Binnenkonsum als auch die Nachfrage aus dem Ausland in den letzten Monaten hinter den Erwartungen zurückblieben. Konkret geht die Regierungskanzlei nun davon aus, dass Japans „Produktionslücke“ von Januar bis März bei deflationären -1,6 % liegt und dass der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,6 % von April bis Juni diese Produktionslücke noch tiefer in das Deflationsloch gedrückt hat.[2]
Jawohl, Fiskalpolitik
In einem ersten Schritt werden die politischen Gegenmaßnahmen vermutlich aus zusätzlichen fiskalischen Anreizen bestehen. Nach mehreren Taifunen sind einige öffentliche Wiederaufbauprojekte, die für den ersten Spatenstich bereitstehen, in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Besonders die veralteten und maroden Flussdämme sorgen in vielen Regionen für Störungen im ganzen Land, ebenso wie das wachsende Bewusstsein für unzeitgemäße und gefährliche Straßen- und Eisenbahntunnel in zahlreichen Wirtschaftsregionen. Insgesamt dürften wohl 2-3 Billionen Yen für öffentliche Bauprojekte über einen Ergänzungshaushalt zur Diskussion stehen. Zusammen mit einer allgemeinen regionalen Wirtschaftsförderung und Unterstützung für die ältere Generation gehen wir von einem Ergänzungshaushalt von mindestens rund 5 Billionen Yen aus, was etwa 1 % des BIP entspricht.
Jawohl, Geldpolitik
Die Bank of Japan (BOJ) wird den Ergänzungshaushalt und die steigenden öffentlichen Ausgaben höchstwahrscheinlich mit Maßnahmen zur Liquiditätsschaffung flankieren. Aus unserer Sicht dürfte die BOJ das gestiegene Haushaltsdefizit durch den zusätzlichen Ankauf von Anleihen in eben dieser Höhe abdecken. In ihrer grundsätzlichen Einstellung ist die BOJ nach unserem Eindruck eigentlich eher gegen den Einsatz stimulierender geldpolitischer Maßnahmen als einziges zusätzliches Instrument zur Bekämpfung der Deflation. Allerdings ist sie auch nicht abgeneigt, einen Anschub für eine Reflationspolitik im Rahmen höherer öffentlicher Ausgaben zu unterstützen. Eine Bereitstellung weiterer Finanzierungen für konkrete Projekte ist willkommen, nicht jedoch für allgemeine Haushaltsüberschreitungen.
Genau an diesem Punkt muss aus unserer Sicht das Team Abe seine Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen: Um das Vertrauen der Marktakteure zurückzugewinnen, muss es darlegen können, dass sowohl das Finanzministerium als auch die BOJ tatsächlich dasselbe Ziel einer umfassenden wachstumsfreundlichen Politik anstreben. Dies ist die wahre Herausforderung für das Team Abe in den nächsten Wochen: Ein Team, ein Ziel.
Timing und Instrumente
Der Zeitplan der bevorstehenden politischen Ereignisse ist relativ übersichtlich. Zunächst muss Premier Abe mehrere Präsentationen vor US-Investoren absolvieren, während er sich wegen der UN-Vollversammlung in New York aufhält. Anschließend muss ab Mitte Oktober der Rahmen für einen Ergänzungshaushalt vorgestellt werden. Am 30. Oktober wird die BOJ dann ihren Halbjahresbericht oder die zentralen Prognosen ihrer Ratsmitglieder präsentieren (sie werden vermutlich weitere Korrekturen zum Verbraucherpreisindex (VPI) und zu Wachstumsvorgaben enthalten). Ob die BOJ bereits am 30. Oktober aktiv werden wird, hängt in erster Linie vom Stand der Parlamentsdebatte zum Ergänzungshaushalt ab. Außerdem werden die internationalen Geldströme als Reaktion auf eine geänderte Politik der US-Notenbank genau beobachtet werden, wenngleich die Debatte der BOJ aus unserer Sicht sich eher auf die Binnenwirtschaft konzentriert.
Alles in allem halten wir es für wahrscheinlich, dass bis Ende November die zusätzlichen Anreize aus der Geldpolitik und der Fiskalpolitik stehen werden.
Wichtig ist, dass die bevorstehenden politischen Aktivitäten in Japan eine Extra-Maßnahme sind. Sie ergänzen den normalen haushalts- und steuerpolitischen Zyklus, der in der Vorlage des Haushaltsentwurfs Ende Dezember gipfelt. In diesem Zusammenhang ist eine Senkung der Körperschaftsteuer (vermutlich um rund 3 Prozentpunkte auf grundsätzliche 29 %) die wichtigste Größe mit Wirkung für das nächste Haushaltsjahr. Für das Team Abe besteht die wichtigste Aufgabe darin, jetzt ein Gefühl für die Dringlichkeit zu beweisen, das Wachstum wieder anzukurbeln. Dazu sind die oben genannten zusätzlichen Maßnahmen erforderlich. Aus unserer Sicht sind die nächsten sechs bis acht Wochen hierfür ausschlaggebend.
Anleger, die diese Meinung teilen, sollten die folgenden OGAW-ETFs in Erwägung ziehen:
Sofern nichts anderes angegeben ist, sind alle Daten von Wisdom Tree Europe und Bloomberg.