Keine Angst vor dem Bärenmarkt: Industrieländer-Aktien notieren unter Trend und bieten Value, besonders in Europa
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Der Ausverkauf im Öl im Januar bestimmte den risiko-aversen Handel und die meisten Aktienmärkte sind in den Baisse-Bereich gewechselt. Aus Furcht vor noch mehr Verlusten nehmen die Anleger Risiken aus dem Depot. Aber ist das Verlustpotenzial wirklich so hoch? Wenn wir, wie in Diagramm 1, zwei Dekaden mit drei Marktzyklen zurückblicken, erscheint uns diese Furch übertrieben.
Jeder Aktienmarktzyklus hat in den letzten zwei Dekaden rund 6 Jahre gedauert. Er begann mit dem Boom der Börsengänge und dem Platzen der Technologieblase (1997 bis 2002), ging über in den Ramschhypothekenboom und die globale Finanzkrise (2003 bis 2008) sowie in die anschließende Erholungsphase (2009 bis 2014). Die Aktienmärkte in Industrieländern schlossen 2015 praktisch seitwärts und 2016 startet eindeutig pessimistisch: Möglicherweise haben wir eine etwas verspätete Abschwungphase dieses Zyklus erreicht. Im aktuellen Zyklus steht uns ein größerer Ausverkauf, ähnlich wie in den früheren beiden Zyklen, noch bevor.
Nachdem die annualisierte Renditeentwicklung (nach Wiederanlage der Dividenden) für die Industrieländer inflationsbereinigt im 1. Und 2. Zyklus kaum die Inflationsrate ausglich, erscheint der Anstieg der Aktienmärkte im 3. Zyklus lediglich einen Nachholbedarf nach 12 Jahren verhaltener Performance darzustellen.
Wenn wir also den drastischen Ausverkauf von Aktien in diesem Jahr berücksichtigen, erreichen wir eine reale Performance der Aktienmärkte von 4 % p.a. und liegen im Trend der kumulierten Renditen, die 27 Jahre früher erzielt wurden (nämlich von 1970 bis 1996).
Ein ähnliches Fazit kann aus entsprechenden Renditezyklen der Aktien aus Industrieländern gezogen werden (Diagramm 2). Hier brachen die Renditen, aufgebläht durch ausufernde Aktienfinanzierung Ende der 1990er Jahre und billiger Fremdfinanzierung in den Niedrigzinsjahren, die bis zur Finanzkrise 2008 führten, auf ein inflationsbereinigtes Renditewachstum über die gesamte Periode von mageren 1,4 % p.a. Das Renditewachstum von real 7,1 % zwischen 2009 und 2014 sowie der Abschwung um 8,5 % im Jahr 2015 entsprechen einer realen Entwicklung der Gewinne je Aktie im aktuellen Zyklus von langfristig unter 3,7 % (nämlich von 1970 bis 1996).
Dies dürfte bedeuten, dass die Gewinne nicht durch übermäßige Verschuldung beflügelt wurden und dass erhebliche Verluste - ähnlich denen der Tech-Blase Ende 1990 - auf bestimmte Sektoren (wie Energie und Bergbau) beschränkt bleiben und nicht den breiteren Markt betreffen.
Kapazitätsabbau hält Unternehmen der Eurozone stabil Innerhalb der Industrieländer könnten nämlich die europäischen Aktien solidere Finanzergebnisse erzielen als ihre US-Pendants, trotz ihrer übermäßigen Abhängigkeit vom Außenhandel. Im zweiten Halbjahr 2015 sind die operativen Margen der Unternehmen in der Eurozone (ohne Finanzsektor) relativ hoch geblieben. Sie bewegten sich zwischen 12 % und 13 %, während sie in den USA im selben Zeitraum auf rund 11 % gesunken sind. Das deutliche Auseinanderdriften der Industriekapazität (vgl. Diagramm 3) hilft beim Verständnis, warum das so ist. Sie legte in den USA seit 2010 um 7 % zu. Gleichzeitig sank in der Eurozone die Industriekapazität um 6 %. Unter dem Einfluss von Sparmaßnahmen und einer Entschuldung des Privatsektors konzentrierten sich die Unternehmen in der Eurozone auf den Abbau der Produktion. Dies führt dazu, dass die Unternehmen in der Eurozone besser aufgestellt sind, um höhere Gewinnquoten zu halten, selbst wenn das globale Wirtschaftswachstum an Tempo verliert (vgl. Diagramm 3).
Andererseits dürfte die steigende Binnennachfrage in der Eurozone 2016 bald zu Unterkapazitätsproblemen bei Unternehmen in der Eurozone führen. Im Gegensatz dazu verliert in den USA, nach mehreren Jahren robusten Wirtschaftswachstums, in den jüngsten Quartalen das Wachstumstempo neuerdings an Kraft. In Kombination mit einem starken Dollar schwächt sich der Anstieg der Industrieproduktion allmählich ab. Der stetige Ausbau der Industriekapazität erscheint nunmehr als überzogen, entsprechend sinkt die Auslastung in der verarbeitenden Industrie. Während die Gewinnaussichten für US-Unternehmen sich abschwächen, dürften europäische Unternehmen sich über bessere Ergebnisse freuen.
Die Aktien in Industrieländern sind unter dem Trend in das Jahr 2016 gestartet. Sie könnten derzeit eine Kaufgelegenheit bieten, denn die scharfe Kurskorrektur suggeriert, dass Gewinneinbrüche bereits eingepreist sind. Angesichts mangelnder Überschuldung in den Industrieländern dürfte die Gewinnkorrektur hauptsächlich Rohstoffproduzenten betreffen. Im Zusammenhang mit nachhaltig hoher operativer Effizienz und zunehmender Binnennachfrage gelten europäische Aktien als eine der Favoriten unter den Anlagekategorien im Jahr 2016.
Anleger, die diese Meinung teilen, sollten die folgenden OGAW-ETFs in Erwägung ziehen (Ticker in Klammern):