So läutet KI einen iPhone-Moment im Automobilsektor ein
Die wichtigsten Erkenntnisse
- Es lassen sich Parallelen ziehen zwischen dem Wandel, der sich heute im Automobilsektor vollzieht, und dem, den wir vor fast zwei Jahrzehnten bei Handys erlebt haben.
- Generative KI-Tools, die in Autos eingesetzt werden, werden die Sicherheit erhöhen und das Gesamterlebnis der Insassen verbessern.
- KI hat ein enormes Potenzial, die Art und Weise zu verändern, wie Autos gebaut und genutzt werden und wie sie in das breitere Ökosystem der Mobilität eingebunden sind.
„Das Web, wie ich es mir vorgestellt habe, haben wir noch nicht gesehen. Die Zukunft ist noch so viel größer als die Vergangenheit.“ – Tim Berners-Lee, Erfinder des World Wide Web
Vor der Erfindung des iPhones beschränkte sich die Funktion eines Mobiltelefons auf das Tätigen und Entgegennehmen von Anrufen, das Senden von Textnachrichten, das Einstellen eines Weckers und das Spielen von Snake. Das iPhone war nicht nur ein cooles neues Gerät: Es schuf ein völlig neues Ökosystem von Anwendungen für sowohl bestehende als auch neue Unternehmen. Mit ein paar Fingertipps auf dem Bildschirm kann fast alles, was Sie sich wünschen, bei Ihnen zu Hause auftauchen.
Wir bei WisdomTree halten das Entstehen von künstlicher Intelligenz (KI) für potenziell ebenso bahnbrechend wie die Internet-Revolution, wenn nicht sogar noch bahnbrechender. Der Urheber des Internets machte die obige Aussage über dessen Potenzial fast drei Jahrzehnte nach der Erfindung des Internets. Die KI-Revolution hat gerade erst begonnen – und Autos könnten zu den Geräten zählen, die sie in die nächste Phase führen.
Die Aufregung ist groß
Auf der Consumer Electronics Show (CES)1 2024 der CTA zogen Autos große Aufmerksamkeit auf sich. Das vorherrschende Gefühl unter den Teilnehmern war, dass die KI-Reise in der Automobilindustrie gerade erst begonnen hat. Große Autobauer wie Mercedes-Benz, BMW und Volkswagen haben auf generative KI gestützte virtuelle Assistenten vorgestellt. Damit werden bestehende Infotainmentsysteme, die für relativ einfache Befehle ausgelegt sind, auf ein Niveau angehoben, das nicht nur anspruchsvollere Funktionen, sondern auch ein wesentlich individuelleres Nutzererlebnis bietet.
Fast alle modernen Autos, die heute auf den Markt kommen, sind mit Internetanschluss und großen Bildschirmen ausgestattet. Das ebnet den Weg für ein völlig neues Ökosystem von Anwendungen für mobile Menschen. Ein Auto, das seine Fahrgäste kennt, kann ihnen persönliche Empfehlungen geben, welche Strecken sie nehmen sollten, wo sie etwas essen können und wie sie sich während der Fahrt unterhalten lassen können.
Und das ist erst der Anfang. Ein intelligentes Infotainmentsystem trägt auch zur Sicherheit bei, da es vorausschauende Wartungshinweise geben kann. Für Manager von Fahrzeugflotten können Fahrzeuge, die mit einem zentralen Dashboard verbunden sind, ihre Arbeit erheblich vereinfachen.
Dann gibt es noch das autonome Fahren. Es wird oft gewitzelt, dass autonomes Fahren immer zwei Jahre von der Realität entfernt ist. Das gilt aber nur, wenn man autonomes Fahren als vollständig autonomes Fahren unter allen Bedingungen definiert – was technisch als autonomes Fahren der Stufe fünf bezeichnet wird2. Die Fortschritte auf dem Weg dorthin dürfen jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Nach Angaben von Waymo, einem autonomen Ridehailing-Unternehmen in den USA, sind seine Autos bereits über 10 Millionen Kilometer ohne einen Menschen am Steuer gefahren und weitere Milliarden Kilometer in Simulationen. Das Unternehmen hat angekündigt, dass sein Service noch in diesem Jahr in vier großen US-Städten für die Öffentlichkeit verfügbar sein wird3.
KI hat zahlreiche Anwendungsfälle im gesamten Automobil-Ökosystem
Quelle: WisdomTree, Master of Code, BCG, McKinsey, 2024.
Die Chance für Automobilunternehmen
Autos transportieren nicht nur Menschen von A nach B, sie verkörpern auch das Stilbewusstsein der Menschen – deshalb ist Design wichtig. KI kann dabei eine entscheidende Rolle spielen. So hat das Toyota-Forschungsinstitut eine neue KI-Technik entwickelt, mit der die Anzahl der erforderlichen Änderungen reduziert werden kann, um technische Notwendigkeiten wie die Optimierung der Aerodynamik eines Fahrzeugs in einem Originaldesign zu berücksichtigen. Das Originaldesign selbst kann auf umfangreiche Inspiration durch generative KI-Tools für Text und Bild zurückgreifen.
KI kann zur Optimierung der Lieferkette beitragen, indem sie Materialien, Komponenten und Fertigprodukte verfolgt und so Verzögerungen in der Fertigung verringert. Das kann Abläufe rationalisieren und Kosten für die Lagerhaltung senken. An der Produktionslinie selbst können KI-Tools zu einer besseren Qualitätskontrolle beitragen. Beispielsweise gibt Audi an, dass seine Produktionsmitarbeiter früher 5.000 Schweißpunkte4 pro Fahrzeug mit Ultraschall geprüft haben. Im Gegensatz dazu kann KI jetzt 1,5 Millionen Schweißpunkte an 300 Fahrzeugen in einer einzigen Schicht analysieren, sodass sich die Arbeitskräfte auf Unregelmäßigkeiten konzentrieren können.
Intelligentere Städte, angetrieben durch KI
Auch in intelligenten Städten findet KI viele Anwendungsmöglichkeiten. KI kann bei der Entwicklung intelligenter öffentlicher Verkehrswege helfen, die sich an Nachfragemuster anpassen. KI kann den Verkehr besser steuern, indem sie Ampelschaltungen optimiert und den Verkehr umleitet. KI kann Autofahrern helfen, auf der Grundlage von Echtzeitdaten Parkplätze zu finden, was wertvolle Zeit spart und Staus abbaut. KI kann die besten Standorte für den Aufbau von Ladeinfrastruktur ermitteln. Darüber hinaus kann KI durch Routenoptimierung bei der Auslieferung auf der letzten Meile helfen.
Uns erwartet eine spannende Zukunft
So wie das internetfähige iPhone die Welt zu neuen Denkweisen über Konnektivität gezwungen hat, zwingen KI-gesteuerte Autos die Welt dazu, Mobilität zu überdenken. Und so wie Ersteres unermessliche Möglichkeiten für Unternehmen geschaffen hat, werden es auch Letztere tun.
Quellen
1 Jährliche Technologiekonferenz, organisiert von der Consumer Technology Association.
2 Die Norm J3016 von SAE International definiert sechs Stufen des autonomen Fahrens von SAE Level 0 (keine Automatisierung) bis SAE Level 5 (vollständige Fahrzeugautonomie). Es ist die meistzitierte Referenz der Branche für die Leistungsfähigkeit automatisierter Fahrzeuge.
3 Waymo, Stand: 13. März 2024.
4 Punktschweißen ist eine Methode zur Herstellung von zwei Metallteilen.