In welchem Kontext ist die Abwertung der chinesischen Währung zu sehen?
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In den letzten sechs Wochen drehten sich die Gespräche an den Finanzmärkten weiterhin um die aktuellen und künftigen Auswirkungen der «einmaligen» Abwertung des chinesischen Yuan. Für Marktteilnehmer war dieser Schritt nicht vorherzusehen. Daher muss man die größeren Zusammenhänge für diesen Politikwechsel sehen und versuchen zu verstehen, welches langfristige Ziel die chinesische Regierung verfolgt. Die globalen Märkte bemühen sich weiterhin zu ergründen, welche Maßnahmen China als nächstes ergreifen wird. Wir skizzieren nachfolgend vier wichtige Gedanken, die unseres Erachtens mit dieser unerwarteten Entwicklung zusammenhängen.
1) Wie häufig kommt es zu Tagesschwankungen des Wechselkurses von ±1.84%?
Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, sind derartige Schwankungen in China ein einmaliges Phänomen. In anderen Märkten hingegen treten sie viel häufiger als angenommen auf. Und genau deshalb hält die Debatte unter Marktteilnehmern an, ob weitere Abwertungen möglich sind. Unseres Erachtens sollte es zu keinen weiteren derartigen Schwankungen kommen, da China auf lange Sicht kein Interesse an einem Klima der Unsicherheit haben dürfte.
Tagesschwankungen im Überblick: 21/07/2005–25/09/2015
Quelle: Bloomberg, mit Stand vom 25/09/2015, chinesischer Yuan (CNY), chinesischer Yuan Offshore (CNH), Euro (EUR), britisches Pfund (GBP), kanadischer Dollar (CAD), australischer Dollar (AUD), Neuseeland-Dollar (NZD), japanischer Yen (JPY), Schweizer Franken (CHF), mexikanischer Peso (MXN). Während der Finanzkrise 2008 koppelte China seine Währung wieder an den US-Dollar. Heute kommt China ein etwas schwächerer Yuan sehr entgegen. Bis zum Beweis des Gegenteils sollte die Äußerung der chinesischen Notenbank (PBoC) für bare Münze genommen werden, dass die Abwertung nicht der Beginn eines neuen, anhaltenden Trends ist und die PBoC zur Belebung chinesischer Exporte keine 10%ige Abwertung ihrer Währung beabsichtigt, wie einige Berichte behaupten. Der Yuan könnte zwar letztendlich gegenüber dem US-Dollar weiterhin an Wert verlieren, bleibt aber verglichen mit anderen Schwellenländern eine der chancenreichsten Alternativen angesichts der verhältnismäßig attraktiven Zinssätze und seiner immer noch geringen historischen Volatilitat.
2) Warum China eine Abwertung des Yuan zulässt?
Zunächst waren wir noch der Ansicht, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) im Oktober oder November die Aufnahme des Yuan in den Währungskorb für Sonderziehungsrechte verkünden würde. Doch dann gab der IWF bekannt, dass er den bestehenden Währungskorb nicht vor September 2016 verändern werde.
Chinas Entscheidungsträger glaubten, dass sie mit Blick auf den wirtschaftlichen Gegenwind im eigenen Land und die voraussichtliche Zinsanhebung der Fed in den kommenden Monaten durch eine eher frühere als spätere Abwertung die wirtschaftlich angespannte Lage leicht verbessern könnten. Außerdem würde die größere Flexibilität bei der Bestimmung des Wechselkurses eine Abkopplung des Yuan vom US-Dollar erleichtern, sollte der USD gegenüber anderen Devisen deutlich aufwerten.
Wir gehen davon aus, dass die PBoC zur Steigerung der heimischen Wirtschaftsleistung sonstige konventionelle Instrumente einsetzt, wie etwa Senkungen des Mindestreservesatzes und Darlehen von Zweckgesellschaften. Der IWF reagierte positiv auf Chinas Eingreifen und begrüßte die Bereitschaft des Landes, den Marktkräften mehr Gewicht bei der Festlegung des Yuan-Wechselkurses einzuräumen.
3) Ist die Abwertung des Yuans vergleichbar mit dem «Schwarzen Mittwoch» 1992 in Großbritannien?
Allein der Umfang der Abwertung stellt bei diesem Vergleich einen bedeutenden Unterscheid dar. Die berühmteste Abwertung in der modernen Finanzgeschichte nahm die Bank of England am 16. September 1992 vor, als sie das Pfund um mehr als 4% abwertete. Das GBP büßte damals vom 6.-22. September insgesamt 15.23% ein. Das jüngste Eingreifen Chinas kam zwar überraschend, lässt sich aber umfangmäßig keinesfalls mit der oben erwähnten Aktion in Großbritannien oder den jüngsten Abwertungen in einigen Schwellenländern vergleichen. Seit dem 10. August 2015 hat der Yuan nicht einmal 3% an Wert eingebüßt.
4) Die Wechselkursschwankungen des chinesischen Yuan begannen am 21. Juli 2005. Sieht China die Landeswährung mit anderen Augen?
Seit 2005 hat der chinesische Yuan gegenüber dem US-Dollar nominal 29.8% aufgewertet. Die meisten anderen wichtigen Währungen haben seitdem gegenüber dem US-Dollar an Wert verloren. Eine interessante Entwicklung nahm der Yuan hingegen gegenüber den Währungen wichtiger sonstiger Handelspartner: So werteten Euro, japanischer Yen und koreanischer Won gegenüber dem Yuan während desselben Zeitraums +40.8%, +38.7% und +48.50% auf. Während US-Anleger ihr Hauptaugenmerk auf den Wechselkurs Yuan/USD legen, sind die jüngsten Wechselkursschwankungen möglicherweise in mancherlei Hinsicht vielmehr eine Reaktion auf die untragbare Aufwertung der Währungen wichtiger Exportmärkte und Wettbewerber gegenüber dem Yuan. China treibt seinen Wandel von einem investitions- und exportgetriebenen Land in eine durch heimischen Konsum geprägte Wirtschaft voran. Diese Neugestaltung kann jedoch nicht über Nacht erfolgen. Dabei fällt der Landeswährung neben innenpolitischen Veränderungen eine bedeutende Rolle zu. Letztendlich überraschte China uns und unsere Prognose für den Yuan mit seinen Maßnahmen. Die Marktreaktion auf diesen Politikwechsel darf unseres Erachtens allerdings nicht überbewertet werden. James Bullard, Präsident der regionalen Notenbank in St. Louis, hat nicht ganz unrecht mit seiner Äußerung vom August, dass die gestiegene Volatilität und die Kursänderungen eine Überreaktion auf wenig wirkliche Neuigkeiten aus China zu sein scheinen. Anleger, die derselben Meinung sind, könnten sich möglicherweise auch für folgende OGAW-ETPs interessieren:
- WisdomTree Emerging Markets SmallCap Dividend UCITS ETF (DGSE)
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