Werden ausländische Anleger jemals wieder japanische Aktien kaufen?
Heutzutage herrscht an den Märkten eine enorme Divergenz:
- Wir halten Japan für einen interessanten Markt mit vielen positiven Entwicklungen im politischen Bereich sowie äußerst günstigen und sich verbessernden Fundamentaldaten.
- Marktteilnehmer außerhalb Japans wollen oftmals gar nicht über Japan sprechen, da sie glauben, dass der Hype um Abenomics1 vorüber und die damit verbundene Gelegenheit verstrichen sei.
Japan ist mittlerweile in der Anlegergunst weit abgeschlagen. Bieten sich dadurch Möglichkeiten für Contrarian-Investments, oder trügt der Schein im Hinblick auf das Potenzial des Landes?
Entwicklung der Mittelflüsse: Von enormer Begeisterung zu enormem Pessimismus
Ende 2012 bot Japan noch enormes Potenzial für Reformen und Begeisterung, wodurch nach Meinung vieler Beobachter der Boden für hohe Aktienerträge bereitet wurde. Abbildung 1 zeigt:
- 2013 pumpten nicht-japanische Anleger nahezu 155 Mrd. USD in den japanischen Aktienmarkt. Motiviert war dies durch die anfängliche Begeisterung über die Wahl Shinzo Abes zum Premierminister, seine politische Agenda sowie die Auflegung eines landeseigenen umfangreichen quantitativen Lockerungsprogramms (Quantitative Easing, QE) unter Federführung des Gouverneurs der Bank of Japan (BoJ) Kuroda.
- Seither unterliegen die Kapitalströme aus dem Ausland zunehmenden Schwankungen. Gemessen an den Mittelflüssen war 2018 das schlechteste Jahr der Amtszeit Abes, denn ausländische Anleger zogen mehr als 50 Mrd. USD aus dem japanischen Aktienmarkt ab.
Abbildung 1: Die Mittelflüsse im Kalenderjahr zeigen den Übergang von Optimismus zu Pessimismus
Quellen: Bloomberg, Japanisches Finanzministerium. Die Daten gelten für jedes bestimmte Jahr, das jeweils am 1. Januar beginnt und am letzten Freitag im Dezember endet. Die Daten werden wöchentlich auf Grundlage des Jahreskalenders ausgewiesen. Daher existieren aufgrund von Feiertagen möglicherweise weniger als 52 Datenpunkte in einem angegebenen Jahr.
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Maßstab für zukünftige Ergebnisse, und Anlagen können im Wert fallen.
Annahme: Die japanischen Aktienerträge müssen katastrophal gewesen sein
Unsere Wunschvorstellung ist, dass alle Anleger den japanischen Markt studieren, Finanzdaten analysieren und sich – im gleichen Maße wie wir – für die unserer Ansicht nach innovative Steuer- und Anreizpolitik begeistern – ganz zu schweigen von einer Zentralbank, die Aktien kauft. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus.
Kapitalströme folgen häufig der Performance
Japan war in der Abenomics-Periode seit Dezember 2012 erheblichen Schwankungen unterworfen, weshalb sich Anleger möglicherweise zum falschen Zeitpunkt bei japanischen Aktien engagiert haben. Zu Vergleichszwecken betrachten wir jedoch standardisiertere Zeiträume, wie etwa Kalenderjahre. Abbildung 2 zeigt:
- 2018, als ausländische Anleger mehr als 50 Mrd. USD aus dem japanischen Markt abzogen, fielen die japanischen Aktienerträge dürftig aus. Japan blieb damit hinter den USA, der Eurozone, Großbritannien und sogar hinter den Schwellenländern zurück. Die Abflüsse im vergangenen Jahr lassen sich damit erklären, dass eine schwache Performance in der Regel positiv mit dem Abzug von Anlegergeldern korreliert ist.
- Erweitert man den Horizont und betrachtet die gesamte Abenomics-Periode Kalenderjahr für Kalenderjahr sowie auf Grundlage der Eindrücke, die wir erhalten, wenn wir Meetings zu japanischen Aktien abhalten wollen, würden wir japanische Aktien auf dem letzten Platz verorten. 2016 und 2018 schnitten japanische Aktien unter den von uns analysierten Regionen am schlechtesten ab. 2013 und 2015 befand sich Japan allerdings unter den Top-Performern, 2014 und 2017 im Mittelfeld. Selbst der US-Aktienmarkt, der in den letzten Jahren vielfach als unangefochtener Performance-Spitzenreiter galt, führte während dieser Zeit nur in zwei Jahren die Gewinnerliste an.
- Während des gesamten Zeitraums erzielten nur zwei Länder Renditen im zweistelligen Bereich. Der US-Aktienmarkt war die Nummer eins, was wahrscheinlich niemanden überrascht. Japan übertraf die Eurozone, Großbritannien und die Schwellenländer und erreichte Platz zwei. Dies dürfte allerdings fast alle überraschen.
Abbildung 2: Japanische Aktien schnitten während der Abenomics-Periode passabel ab
Quelle: Bloomberg, mit Daten für jedes angegebene Kalenderjahr, das am 31. Dezember des jeweils vorausgehenden Jahres beginnt und am 31. Dezember des angegebenen Jahres endet. Der durchschnittliche jährliche Ertrag wird vom 31. Dezember 2012 bis 31. Dezember 2018 ermittelt. Renditen werden in lokalen Währungen ermittelt, sodass sie weder positiv noch negativ von der Währungsperformance beeinflusst werden können. Für die USA betrachten wir den S&P 500 Index. Für Japan betrachten wir den MSCI Japan Index. Für die Eurozone betrachten wir den MSCI EMU Index. Für Großbritannien betrachten wir den S&P United Kingdom Index. Für die Schwellenländer betrachten wir den MSCI Emerging Markets Index. Sie können nicht direkt in einen Index investieren.
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Maßstab für zukünftige Ergebnisse, und Anlagen können im Wert fallen.
Argumente für Japan als Contrarian-Investment
Könnte auch 2019 für Japan volatil verlaufen und in negativem Terrain enden?
Das ist natürlich möglich. Aber dies würde auch für jedes andere Contrarian-Investment gelten. In gewisser Hinsicht impliziert bereits die Definition, dass der Konsens von weiteren negativen Erträgen ausgeht.
Ein Grundprinzip von WisdomTree lautet: Es kommt auf die Bewertung an. Leider deuten die Daten darauf hin, dass die Bewertung nicht immer und über alle Märkte hinweg gleich wichtig ist – Investieren ist eben gar nicht so einfach. Andererseits kann man auch nicht behaupten, dass die „Bewertung unwichtig“ sei, denn im US-Technologiesektor war sie 1999 und 2000 plötzlich ausschlaggebend.
Abbildung 3 zeigt, dass die Risiken, denen Japans größte und am stärksten global aufgestellte Unternehmen ausgesetzt sind, nahezu eingepreist sein dürften. Natürlich gibt es Handelsspannungen und sieht sich Japan mit Herausforderungen konfrontiert. Das Forward-KGV des Landes entspricht aber nur etwa zwei Drittel des S&P 500-Pendants. Die Risiken der Schwellenländer sind beispielsweise allgemein bekannt, und die entsprechenden Unternehmen weisen sogar noch niedrigere Bewertungen auf.
Abbildung 3: Japans globale Unternehmen sind sehr niedrig bewertet
Quelle: Bloomberg, Stand: 31. Januar, 2018. Sie können nicht direkt in einen Index investieren.
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Maßstab für zukünftige Ergebnisse, und Anlagen können im Wert fallen.
Manchmal überraschen die stärksten Erträge den Konsens
Sicherlich sind Japan und japanische Aktien derzeit ein heikles Thema, über das die meisten Anleger gar nicht erst sprechen möchten, und eine Positionierung fällt schwer. Das bedeutet aber, dass Japan 2019 alle überraschen könnte. Und historisch betrachtet, waren die Erträge oftmals dann am höchsten, wenn der Konsens überrascht wurde.
Quelle
1 Abenomics bezieht sich auf das vielschichtige Wirtschaftsprogramm des japanischen Premierministers Shinzō Abe.
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