Finger weg von Währungswetten
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Der US-Dollar ist derzeit wieder einmal das am heißesten diskutierte Thema. Als makroökonomischer Faktor beeinflusst er die Erträge zahlreicher Anlageklassen, von den Schwellenländern bis hin zu multinationalen US-Large-Cap-Unternehmen.
Die Diskussion dreht sich dabei um folgendes Problem: Der US-Dollar kann seine 2018 verzeichneten Zugewinne nicht ausbauen, da die Federal Reserve (Fed) ihre Zinserhöhungen eingestellt hat. Bei den Zinsdifferenzen war eine maximale Abweichung zu beobachten, wobei US-Anleger einen Carry von über 3 Prozent pro Jahr ausgezahlt bekamen, nur um die Wechselkursschwankungen aus ihren Aktienanlagen durch die Währungsabsicherung zu neutralisieren. Die andere Seite der Medaille ist, dass Anleger in Niedrigzinsmärkten wie Deutschland oder Japan diesen Carry zahlen müssen, wenn sie sich gegen das US-Dollar-Risiko gegenüber ihren Heimatwährungen absichern möchten.
Die US-Anleger bevorzugen grundsätzlich ein schwaches USD-Umfeld weltweit, da sie sich zusätzlich zur ihren internationalen Aktienengagements traditionell für einen Rückgang des Dollar positionieren. Daher wäre es einigen wohl nur recht, wenn sich die Abwertung des Dollars endlos fortsetzen würde. Dies steht jedoch im Gegensatz zum Verhalten vieler internationaler Anleger, die das Währungsexposure schon seit längerer Zeit genau beobachten.
Ich persönlich bin vorsichtiger was die Aussicht auf eine anhaltende Abwertung des Dollars betrifft. Tatsächlich bin ich der Ansicht, dass die meisten Anleger in den USA kein derart starkes Vertrauen in die von ihnen erwartete Währungsentwicklung in unbesicherten Portfolios haben sollten.
Wer wirklich währungsneutral sein will, der darf keine Währungswetten abschließen – das heißt, man muss in seiner eigenen Heimatwährung vollständig abgesichert sein.
Der Zeitpunkt, zu dem man zu einer stärker abgesicherten Ausgangsbasis wechselt, muss wohl überlegt sein. Anleger könnten der Meinung sein, zum falschen Moment währungsneutral zu werden, denn jetzt könnte der US-Dollar ja vielleicht doch wieder abwerten.
Unser dynamisches direktionales Modell deutet basierend auf dem hohen Carry und der starken Dynamik des Dollars auf eine Aufwertung der Währung hin. Der Dollar ist auf Basis der Bewertung und Kaufkraftparität zugegebenermaßen nicht günstig, doch andere makroökonomische Faktoren deuten auf eine baldige Dollarstärke hin. Vielleicht ist jetzt der richtige Moment gekommen, die Situation noch einmal neu zu betrachten.
Argumente für den Dollar führt beispielsweise Danielle Di Martino Booth, eine Ökonomin und ehemalige Mitarbeiterin der Dallas Fed, in ihrer hervorragenden, täglich erscheinenden Researchpublikation namens The Daily Feather an.
Die Verwendung der Researchpublikation in diesem Blog-Post erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Danielle DI Martino Booth. Die makroökonomischen Daten verdeutlichen, dass der Dollar nach wie vor unter Aufwärtsdruck stehen könnte, und sprechen in nicht abgesicherten internationalen Strategien somit für eine neutralere Einschätzung in Bezug auf die erwartete Dollar-Schwäche.
The Daily Feather gibt auch den Einfluss zu bedenken, den ein starker Dollar auf multinationale US-Unternehmen haben kann, was Anleger dazu motivieren könnte, ihre Portfolios auf währungsgesicherter Basis global und damit weg von den USA zu diversifizieren.
Abbildung 1: Einkaufsmanagerindex (EMI) verarbeitendes Gewerbe ggü. handelsgewichtetem US-Dollar-Index
Quelle: IHS Markit, JP Morgan
Kommentar von The Daily Feather
Zusammenfassung:
- Ein stärkerer US-Dollar hat aufgrund von Wechselkurseffekten historisch betrachtet höhere Abwärtsrisiken für die Erträge multinationaler US-Unternehmen zur Folge. Anleger sollten daher in Betracht ziehen, das Exposure ihres Portfolios gegenüber einem konzentrierten Dollarrisiko zu reduzieren
Vollständiger Kommentar, nicht redigiert*:
Im Dezember 2010 sah sich Erskine Bowles, Co-Vorsitzender der National Commission on Fiscal Responsibility and Reform, dazu bewogen, seine akuten Bedenken in Bezug auf die finanzielle Lage unserer stolzen Nation kundzutun. Wenn, so fragte ein neugieriger Reporter, es um die Staatsfinanzen unseres Landes so schlecht bestellt sei, würden wir dann nicht Wucherpreise in Form von höheren Zinssätzen auf unsere US-Treasury-Anleihen zahlen?
Wie aus der Pistole geschossen antwortete Bowles: „Das kommt daher, das wir das hübscheste Pferd in der Leimfabrik sind.“ Damit man Sie nicht der Unkenntnis Ihrer jüngsten Landesgeschichte bezichtigen kann, sei hier erklärt, dass sich Bowles‘ schnelle Antwort auf eine Welt bezog, in der Irland und Griechenland den Staatsbankrott erklären mussten und man fürchtete, das Portugal, Spanien und Italien bald folgen könnten.
Gott sei Dank, dass sich seither so vieles verändert hat?
Zehn Jahre später wetteifern Zentralbanken und Regierungen immer noch darum, ihre Wechselkurse zu senken. Es bleibt das ultimative Ziel im sprichwörtlichen – oder gar immerwährenden – „Wettlauf um das niedrigste Niveau“.
Dies beruht auf folgenden grundlegenden Ursachen: Während jeder unerwarteten weltweiten Wirtschaftsverlangsamung forcieren Investoren eine Währungsabwertung an den schwächsten Märkten. Davon profitieren diejenigen Zentralbanken, denen nur begrenzte Mittel zu Bekämpfung von Abwärtsrisiken zur Verfügung stehen. Fallen Ihnen da spontan irgendwelche großen Zentralbanken ein? Haben Sie gerade die Bank of Japan (BoJ) und die Europäische Zentralbank (EZB) als Beispiele angeführt? Nein, also sowas!
Was aber, wenn ein Handelskrieg und eine unerwartete globale Verlangsamung zur selben Zeit auftreten? Dann ist eine Abwertung mit einem Mal nicht nur wünschenswert, sondern auch unbedingt erforderlich. Angesichts der rasanten Verschlechterung des Ausblicks befinden sich sowohl die BoJ als auch die EZB in höchster Alarmbereitschaft.
Auslöser war die schlechteste kombinierte Performance der Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe in Japan (50,0) und Deutschland (49,9) in den vergangenen fünf Jahren. Die nachstehende Auszüge aus den IHS-Markit-Berichten sprechen von anhaltenden Abwärtsrisiken:
- Aus dem Einkaufsmanagerindex für Japan: „Es sind weitere Anzeichen für eine potenzielle weitere Verschlechterung des globalen Handelszyklus zu beobachten, denn die Auftragseingänge im Exportsektor sind so stark rückläufig wie seit Juli 2016 nicht mehr. Die weithin erwartete Erholung im 4. Quartal darf nicht vom Gesamtbild ablenken. Die schwache Binnenwirtschaft ging mit einer globalen Wachstumsverlangsamung und dem niedrigsten Niveau des Geschäftsklimas seit mehr als sechs Jahren einher.“
- Aus den Einkaufsmanagerindizes für den Euroraum und Deutschland: „... Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Stimmung zu Jahresbeginn deutlich verschlechtert hat. Die Unternehmen befürchten, dass die Abkühlung der Wirtschaft auf breiter Basis an Fahrt gewinnen könnte und sich die steigende politische und wirtschaftliche Unsicherheit zunehmend auf die Risikobereitschaft und die Nachfrage auswirken könnte ... Im verarbeitenden Gewerbe [in Deutschland] war im Januar eine Kontraktion zu beobachten, da sich die Auftragslage weiterhin verschlechterte und bei den Neuaufträgen der stärkste Rückgang seit 2012 verzeichnet wurde. Auch kam es erneut zu zahlreichen Berichten über die Schwäche in der Automobilbranche ebenso wie über die sinkende Nachfrage aus China.
Um es noch einmal ganz deutlich zu machen, ergänzte die BoJ, die „...Abwärtsrisiken hinsichtlich der ausländischen Volkswirtschaften dürften in nächster Zeit zunehmen; daher ist es erforderlich, ihre Auswirkungen auf die Stimmung der japanischen Unternehmen und Haushalte genau im Auge zu behalten.“
Die EZB gab sich nicht minder pessimistisch: „Die anhaltenden Unsicherheiten, insbesondere in Verbindung mit geopolitischen Faktoren, und der drohende Protektionismus belasten das Konjunkturumfeld... Hinsichtlich des Wachstumsausblicks für den Euroraum überwiegen mittlerweile die Abwärtsrisiken...“
Man will ja nicht darauf herumreiten, doch die Negativzinsen in Japan und Europa sollten eigentlich positive Ergebnisse zur Folge haben. Mit den Negativzinsen sollten die Akteure an den Finanzmärkten auf die Linie der Zentralbanken gebracht werden. Das Problem ist, dass die natürlichen Kräfte dem Willen der Zentralbank entgegenwirken. Frei schwankende Wechselkurse fungieren als automatische Stabilisatoren.
Daraus folgt, dass die unerwarteten Abwärtsbewegungen bei den japanischen und deutschen Einkaufsmanagerindizes dazu führten, dass sowohl der Yen als auch der Euro im gestrigen Handel unter Abwärtsdruck gerieten. Mit Blick auf die Zukunft dürften sich der Yen und der Euro auch weiterhin mit einem verstärkten Abwärtsdruck konfrontiert sehen, sollten die Abwärtsrisiken für das Wachstum weiter Bestand haben. Dies bedeutet, dass die für 2019 formulierten optimistischen Konsensprognosen sowohl für den Yen (108) als auch für den Euro (1,20) noch einmal überdacht werden müssen.
In ihrem Global Fund Manager Survey vom Januar wies die Bank of Amerika ML die Long-USD-Position als die am stärksten überlaufene Position aus. Und jetzt ratet mal: Die Nachfrage nach dieser Position wird nun noch intensiver werden, da das verarbeitende Gewerbe sowohl in Japan als auch in Deutschland einen Dämpfer verpasst bekommen hat. Aus unserer praktischen Grafik oben geht hervor, dass seit der Spitze im Dezember 2016 eine relativ hohe negative Korrelation zwischen den japanischen und deutschen Einkaufsmanagerindizes und dem handelsgewichteten US-Dollar besteht.
Warum man sich darüber Gedanken machen sollte? Ein starker US-Dollar wird aufgrund der Wechselkurseffekte auch die Abwärtsrisiken für die Gewinne multinationaler US-Unternehmen verstärken. Darum sollten Sie unbedingt einen kritischen Blick auf Ihr Portfolio werfen. Wenn Ihre „sicheren“ Positionen diese Kriterien erfüllen, sollten Sie vielleicht in Betracht, das vorhandene Fremdwährungsrisiko, dessen Sie sich gar nicht bewusst waren, zu reduzieren.
*Die in diesem Auszug zum Ausdruck gebrachten Meinungen sind die Ansichten von Danielle Di Martino Booth und entsprechen nicht zwangsläufig der Meinung von WisdomTree UK.