Ein Interview mit Professor Dirk Söhnholz, CEO von Diversifikator
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Wir haben uns mit Professor Dirk Söhnholz, CEO von Diversifikator, einer automatisierten Online-Investmentberatungslösung, zu einem Gespräch getroffen. Seine Plattform bietet 13 verschiedene Typen an ETF-Portfolios, u. a. das Strategieangebot von WisdomTree zu Aktienerträgen und Small Cap-Dividenden.
1) Sie bevorzugen Income-Portfolios. Weshalb glauben Sie, dass diese im heutigen Umfeld Sinn machen?
Dividenden-Portfolios werden seit einiger Zeit stark nachgefragt. Vielleicht sind dividendenstarke Aktien sogar schon überwertet. Aber trotzdem werden sie in diesen Zeiten ultra-niedriger Anleiherenditen weiter von Anlegern gekauft, die regelmäßige Einnahmen haben möchten.
Wir mögen „Dividendenaktien“ weiterhin, weil wir langfristig positiv für Aktien eingestellt sind und dividendenorientierte Unternehmen meist eine gute “Governance” haben. Solche Unternehmen sind fast schon gezwungen Gewinne an ihre Anteilseigner ausschütten, wenn sie nicht sehr überzeugende interne Investitions- bzw. Nutzungsmöglichkeiten haben. Und nach unseren eigenen Analysen ist eine gute Governance aus Rendite- bzw. Risikogesichtspunkte attraktiv.
Außerdem gefällt uns, dass dividendenstarke Unternehmen oft recht konservativ sind. „Konservativ“ bedeutet typischerweise weniger Verlustrisiko und die sogenannte Low Risk Anomalie besagt, dass Aktien mit geringen Risiken sogar bessere Renditen einbringen können. So ist es möglich, dass sogenannte Wachstums- bzw. „Tech“-Unternehmen, die typischerweise keine oder geringe Dividenden zahlen, aktuell „stärker“ überbewertet sind als dividendenstarke Unternehmen.
2) Wie entscheiden Sie, welchen Fonds Sie auf Ihre Plattform nehmen?
Wir haben eine “Standard”-Plattform und bieten zusätzlich maßgeschneiderte Lösungen an. Besonders für die Standard-Angebote folgen wir klaren und transparenten Regeln bei der Fonds- bzw. Aktienselektion.
Für das Equity Income (DW) ETF-Portfolio nutzen wir nur sogenannte Dividenden-orientierte ETFs. Das wichtigste Selektionskriterium ist dabei ein überzeugendes ETF-Konzept. Für unsere Weltmarktportfolios nutzen wir kapitalgewichtete ETFs. Für andere Portfolios bevorzugen wir aus Renditegründen allerdings andere Gewichtungsmethoden. Eine Dividendengewichtung, wie sie von Wisdom Tree genutzt wird, ist sehr sinnvoll für Dividenden ETFs. Bei dem Portfolio berücksichtigen wir konzeptionell auch den großen Anteil nicht-börsennotierter Unternehmensbeteiligungen, indem diese dem Small Cap Aktienanteil zugerechnet werden. Und Wisdom Tree bietet eine breite Palette von Small Cap Dividenden ETFs an.
Natürlich spielen auch niedrige Kosten eine Rolle bei der ETF-Selektion. Das Alter, das Volumen oder die Liquidität von ETFs sind dagegen nicht so wichtig für uns, weil wir unsere Portfolios sehr passiv sind und mit wenigen Rebalanzierungen und wenig Handelsaktivitäten auskommen. Aber die Verfügbarkeit von diversen Wisdom Tree Dividenden-Indizes mit relativ langer Historie hat uns geholfen, aussagekräftige Rückrechnungen unseres Portfolios durchzuführen. Die nach unserer Portfolio- Konzeptentwicklung nur einmalig und daher nicht-optimierten Rückrechnungen haben eine sehr attraktive Performance gezeigt.
3) Was macht ETFs aus Ihrer Sicht so attraktiv?
Wir arbeiten für alle unsere Standard-Portfolios vollkommen regelbasiert. Außerdem halten wir Prognosen für sehr schwierig und ETFs sind typischerweise prognosefrei. Die niedrigen Kosten von ETFs sind auch wichtig. ETFs sind unsere präferierte Anlageform für diversifizierte Portfolios, weil sie selbst regelgebunden und jederzeit komplett transparent sind.
Aus diesen Gründen sind wir keine Nutzer von aktiven Investmentfonds. Andererseits benötigen wir als „most-passive“ Langfristanleger keinen Intraday-Handel und damit auch keine Börsennotiz von Fonds. Wir nutzen auch passive traditionelle Investmentfonds, aber es gibt in Deutschland mehr ETFs als traditionelle passive Fonds, die niedrige Mindestanlagen haben und Privatkunden angeboten werden.
4) Was hält deutsche Investoren derzeit ab ruhig zu schlagen?
Hoffentlich nichts, zumindest ich selbst schlafe gut.
Unsere Portfolios sind für Langfristanleger entwickelt worden. Und Langfristanleger sollten gut schlafen können, wenn Sie ein paar einfachen Anlageregeln folgen. Kurzfirstanleger machen sich dagegen dieselben Sorgen wie in anderen Ländern. Bei deutschen Anlegern kommen aber noch hohe Anleihe- bzw. Immobilienallokationen hinzu und deutsche Regulierung und Steuern.
Die größten Sorgen deutscher Investoren sind:
- Wie können wir die Renditen und Ausschüttungen erreichen, die unsere Stakeholder von uns erwarten, ohne inakzeptable Risiken einzugehen?
- Wie kann man sicherstellen, dass man eine vergleichbare Performance wie seine “Peers” erreicht?
- Welche Märkte sind überbewertet und sollen wir unsere Anlagen in diesen Märkten verkaufen, obwohl die positiven Performancetrends noch anhalten?
- Welche Alternativen kann man bei den sehr niedrigen Zinsen und Verlustrisiken und dem Immobilienblasenrisiko mit der typisch deutschen hohen Allokation zu Anleihen (institutionelle Anleger) oder Immobilien (private Anleger) nutzen?
- Welcher Risikomanagementansatz funktioniert in der nächsten Krise?
- Wie kann man im aktuellen Umfeld regulatorischen Risiken bzw. Kosten kompensieren und was werden sich deutsche Politiker als nächstes ausdenken?