Euro-Abwertung: Für europäische Exporteure der Schlüssel zum Erfolg
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Eine der größten Überraschungen des Jahres 2017 war der Wertzuwachs des Euro von 14 % gegenüber dem US-Dollar – damit blieb er im selben Zeitraum rund 7 % hinter der Performance des S&P 500 Index zurück1. Aus diesem Grund sind europäische Aktien auf Basis der Gewinnrenditen jetzt recht attraktiv.
Abbildung 1: Gewinnrendite abzüglich Spreads für 10-jährige Anleihen (11. September 2012 bis 26. April 2018)
Quelle: Bloomberg. Die historische Performance ist kein Indikator für zukünftige Ergebnisse. Ein direktes Investment in einen Index ist nicht möglich. Zeitraum basiert auf der Datenverfügbarkeit für den WisdomTree Europe Hedged Equity Index. Spread Europa: Gewinnrendite des WisdomTree Europe Hedged Equity Index minus Zins für 10-jährige deutsche Bundesanleihen. US-Spread: Gewinnrendite des S&P 500 Index minus Zins für 10-jährige US-Schatzanweisungen.
Die Analyse der Gewinnrendite minus Zinsen für 10-jährige Anleihen zeigt, dass europäische Aktien derzeit über einen sehr viel höheren Spread verfügen als US-Aktien. Der Unterschied der beiden Spreads ergibt sich aus der unterschiedlichen Geldpolitik der Zentralbanken. Zum Zeitpunkt des Abfassens dieses Artikels lag die 10-jährige deutsche Bundesanleihe bei rund 0,60 % – etwa einem Drittel der 10-jährigen US-Schatzanweisung von 2,98 %. Es stimmt zwar, dass die Gewinnrendite des WisdomTree Europe Hedged Equity Index um 60 Basispunkte höher lag als die des S&P 500 Index, doch der eigentliche Grund für die unterschiedlichen Spreads lag in dem niedrigen deutschen Zinsniveau.
Der WisdomTree Europe Hedged Equity Index ist auf exportorientierte Unternehmen fokussiert, die mehr als 50 % ihrer Umsätze in Ländern außerhalb Europas erwirtschaften. Die Wertentwicklung des Euro spielt also eine wichtige Rolle, da ein schwacher Euro für die Gewinne dieser Unternehmen ein starkes fundamentales Umfeld erzeugt.
Zinsen zeigen Wirkung
Die voneinander abweichende Geldpolitik der Zentralbanken ist ein wichtiges Thema, das zurzeit auf der ganzen Welt von den Marktteilnehmern ausführlich diskutiert wird. Viele Investoren konzentrieren sich zunächst eher auf spezifische Leitzinsen, da die Zentralbanken diese direkt beeinflussen.
Es ist jedoch wichtig, auch den Rest der Zinskurve im Blick zu behalten. Die Unterschiede zwischen deutschen und US-amerikanischen Anleihen mit 10-jähriger Laufzeit lassen darauf schließen, dass über die Geldpolitik der Zentralbanken hinaus ein ganzes Spektrum an Unterschieden existiert. Das hat auch Auswirkungen auf die Unterschiede bei Wachstum und Inflation.
Abbildung 2a: Unterschied bei den Leitzinsen der Zentralbanken: US-Notenbank minus EZB
Quelle: Bloomberg, Zeitraum basierend auf verfügbaren Daten vom EZB-Leitzins, 31. Jan. 1999 bis 31. März 2018. Die historische Performance ist kein Indikator für zukünftige Ergebnisse. Ein direktes Investment in einen Index ist nicht möglich. US-Notenbank entspricht der US Federal Funds Effective Rate. EZB-Zins entspricht dem EZB-Einlagesatz.
Abbildung 2b: Unterschied: Zins der 10-jährigen US-Schatzanweisung minus Zins der 10-jährigen deutschen Bundesanleihe
Quelle: Bloomberg, Zeitraum basierend auf verfügbaren Daten für die 10-jährige deutsche Bundesanleihe, 31. März 1989 bis 31. März 2018. Die historische Performance ist kein Indikator für zukünftige Ergebnisse. Ein direktes Investment in einen Index ist nicht möglich.
Es geht klar hervor, dass die US-Notenbank im oben analysierten Zeitraum größtenteils zu einem höheren Leitzins geneigt hat als die EZB. Die Punkte, an denen der Unterschied am größten war – wenn die US-Notenbank also relativ gesehen ihr höchstes Niveau erreichte –, waren die Jahre 2000 und 2006. Zurzeit beträgt der Unterschied rund 2 %, etwa die Hälfte des historischen Höchststands um 4 %. Die entscheidende Frage ist deshalb: Bewegen wir uns auf einen dritten Höhepunkt zu?
Im Jahr 1989 hatte die 10-jährige US-Schatzanweisung gegenüber der 10-jährigen deutschen Bundesanleihe einen Zinsvorteil von ca. 2,3–2,4 %. Erst vor Kurzem wurde erneut ein ähnlich hoher Unterschied erreicht – dazwischen liegt ein Zeitraum von fast 30 Jahren. Dies lässt den Rückschluss zu, dass die Wachstums- bzw. Inflationserwartungen für die nächsten zehn Jahre in den USA deutlich über denen im Euro-Raum liegen und dass europäische Investoren bei einem Investment in US-Staatsanleihen die Chance haben, von einem historisch hohen Spread zu profitieren.
Letztendlich begünstigen diese Spreads einen starken US-Dollar und einen schwachen Euro. Aus gutem Grund wählen wir das Wort „begünstigen“, da ganz klar auch andere Faktoren ihren Einfluss ausüben. Der Markt weiß bereits seit geraumer Zeit über diese Entwicklungen Bescheid und der Euro wird immer noch mit fast 1,20 zum Dollar gehandelt.
2018: Wird die EZB mit einer Drosselung beginnen?
Die Pressekonferenz der EZB am 26. April 2018 verlief im Prinzip wie erwartet. Es kamen nicht viel neue Informationen zutage und die Geldpolitik wird laufend flexibel beurteilt. Im Moment wissen wir, dass der Assetkaufplan mit 30 Milliarden Euro pro Monat bis September fortgesetzt wird. Schwache Daten könnten hierbei zu einer Verlängerung führen, doch dazu gibt es derzeit keine neuen Informationen – wir wissen nur, dass Indikatoren wie der Citi Economic Surprise Index im bisherigen Verlauf des Jahres 2018 noch nicht besonders positiv ausgefallen sind. Eine Verlängerung des Lockerungszeitraums – bedingt durch wirtschaftliche Daten – könnte im Juni ans Licht kommen. Wenn wir annehmen dürfen, dass dies derzeit in den Kurs des Euro eingepreist wird, könnte dies ein Katalysator für eine Euro-Schwäche sein.
Abbildung 3: Abwertung des Euro wirkt sich auf Aktienkurse aus
Quelle: Bloomberg. Die historische Performance ist kein Indikator für zukünftige Ergebnisse. Ein direktes Investment in einen Index ist nicht möglich.
Am 15. Februar 2018 erreichte der Euro einen kurzfristigen Höhepunkt, als er über 1,25 gehandelt wurde. Zum Zeitpunkt des Abfassens dieses Artikels bewegt er sich um 1,21, ein Rückgang von ca. 3,2 %. Seit dem 15. Februar ist der WisdomTree Europe Hedged Equity Index um 3,51 % gestiegen und schneidet damit kumulativ um rund 5,5 % besser ab als der S&P 500 Index. Dies zeigt, wie stark europäische Exporteure profitieren können, wenn der Euro nachgibt.
Fazit: Ein schwacher Euro könnte der Zugang zum Bewertungspotenzial europäischer Exporteure sein
Wir konnten beobachten, wie die Rendite der 10-jährigen US-Schatzanweisung 3 % zum ersten Mal seit 2014 überstieg, und haben die Ernennung von Larry Kudlow in den Wirtschaftsrat sowie eine mögliche „King Dollar“-Politik kommentiert. In der Woche vom 27. April konnten wir davon einen ersten Eindruck erhalten und müssen nun analysieren, wie wahrscheinlich es ist, dass dieser Trend von Dauer ist.
1 Quelle: Bloomberg, Performance 2017 gemessen vom 31.12.2016 bis zum 31.12.2017.