Gilt für Anleihen der Eurozone bald das Motto „Zurück in die Zukunft“?
Die Schlagzeilen rund um die Krise des italienischen Staatshaushalts und die Bonität italienischer Staatsanleihen (BTP) haben zweifelsohne für recht viel Wirbel an den globalen Anleihemärkten gesorgt. Interessanterweise haben die erhöhten Bedenken Ängste über ein erneutes potenzielles Übergreifen auf andere Länder geschürt, wie dies etwa während der „Grexit-Episode“-1 zu beobachten war. Das ließ natürlich wiederum die Frage aufkommen, ob die Anleihemärkte der Eurozone einen „Zurück in die Zukunft“-Moment, d. h. eine Wiederholung der Vergangenheit, durchleben könnten.
Bei der Analyse zur Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios ist es recht nützlich, die Entwicklung an den verschiedenen Märkten für Staatsanleihen der Eurozone während dieser jüngsten Ungewissheit zu betrachten, indem wir uns auf die Länder konzentrieren, die umfassend von der Krise rund um den Grexit betroffen waren (Italien, Spanien, Portugal und Irland). Diese vier Nationen galten als Peripherieländer der Eurozone, und wie sich die Leser vielleicht erinnern, standen sie im Zentrum des Sturms, und zwar nicht nur für den Fall, dass Griechenland aus der Eurozone ausscheren würde, sondern auch aufgrund ihrer damaligen fiskalischen/finanziellen Probleme.
Abb. 1: Renditeabstände 10-jähriger Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen
Quelle: Bloomberg, WisdomTree, 29. Oktober 2018.
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Maßstab für zukünftige Ergebnisse, und Anlagen können im Wert fallen. Hinweis: Daten zu irischen Anleihen wurden zwischen dem 11. Oktober 2011 und dem 15. März 2013 ausgesetzt.
Mittlerweile liegen die ersten Ergebnisse vor, und bisher beschränken sich die Bedenken in Bezug auf Italien nur auf dieses Land, d. h. sie haben sich noch nicht auf die anderen drei Länder ausgeweitet. Ein aussagekräftiges Instrument zur Bewertung eines befürchteten potenziellen „Übergreifens“ ist der Renditeabstand bzw. Spread zwischen einem Vermögenswert, der eher als sichere Anlage gilt, wie beispielsweise 10-jährige deutsche Bundesanleihen, und den staatlichen Emissionen der anderen fraglichen Länder mit gleicher Laufzeit. Wie Abbildung 1 deutlich zeigt, steht die jüngste Welle der Bedenken in einem deutlichen Gegensatz zur Grexit-Erfahrung. In der Tat erstreckt sich Letztere eigentlich auf Probleme, vor denen nicht nur Griechenland, sondern noch vier weitere Peripherieländer standen und die in etwa von Mitte 2010 bis Mitte 2013 die Märkte in Atem hielten.
Ein genauerer Blick auf einige der Zahlen bzw. Renditeabstände bietet mehr Aufschluss. Ihren Höhepunkt erreichte die Krise zwischen 2011 und 2012. Damals erfuhr Portugal mit bis zu +1.560 Basispunkten (Bp.) im Januar 2012 die stärkste Spread-Ausweitung gegenüber Bundesanleihen. Für Spanien und Italien betrugen die Höchststände +639 Bp. bzw. +553 Bp. Wo befinden wir uns derzeit? Der Renditeabstand Portugals beziffert sich zum Datum dieser Veröffentlichung auf +150 Bp. und für Spanien auf einen leicht niedrigeren Stand von +117 Bp. Seit Jahresbeginn sind diese beiden Stände im Wesentlichen unverändert. Ein Blick auf die unlängst erfolgten Entwicklungen, als Ende September der italienische Staatshaushalt und die Bonität des Landes erstmals in die Schlagzeilen gerieten, zeigt, dass sich die Renditeabstände 10-jähriger spanischer und portugiesischer Staatsanleihen um lediglich 19 Bp. bzw. moderatere 16 Bp. ausgeweitet haben. Und in Italien? In Italien ist der Spread 10-jähriger BTP gegenüber Bundesanleihen seit Jahresbeginn um fast +140 Bp. und seit Ende September um +65 Bp. angestiegen.
Mit welchen weiteren Entwicklungen ist zu rechnen? Die jüngsten Maßnahmen der Rating-Agenturen Moody’s und S&P scheinen zumindest vorerst einen Teil der Unsicherheit rund um italienische Staatsanleihen geklärt zu haben. So hat Moody’s das Rating des Landes um eine Stufe auf Baa3 zurückgenommen, den Ausblick jedoch auf „stabil“ abgeändert. Bei S&P blieb das Rating selbst mit BBB unverändert, allerdings wurde der Ausblick auf „negativ“ herabgestuft. Unmittelbar nach der Ankündigung von S&P fiel die Rendite auf 10-jährige italienische Staatstitel um 35 Bp. gegenüber dem letzten Höchststand und der Renditeabstand von BTP gegenüber Bundesanleihen engte sich um 25 Bp. ein.
Fazit
Obschon sich die schlimmsten Bedenken im Hinblick auf die Bonität nicht bewahrheiteten, besteht nach wie vor die Möglichkeit negativer Schlagzeilen. S&P wies darauf hin, dass die künftigen Entwicklungen in Bezug auf den italienischen Staatshaushalt ein wesentlicher Aspekt bei der Herabstufung des Bonitätsausblicks bleiben. Unterdessen dürfte die „negative Bewertung“ des italienischen Staatshaushaltes seitens der EU sehr wahrscheinlich auch weiterhin die Tagesordnung beherrschen. In der Tat verheißt die jüngste Stagnation im BIP-Wachstum des dritten Quartals gegenüber dem Vorquartal für den italienischen Staatshaushalt ebenfalls nichts Positives. Während eine Ausweitung der Krise stets ein Risiko darstellt, für den Fall, dass die Entwicklungen tatsächlich ins Negative eskalieren, stimmt uns ein bislang mangelnder deutlicher Abwärtstrend bei den anderen Peripherieländern zuversichtlich. Trotzdem sollte man die Krise im Auge behalten, denn der Ausblick bleibt volatil.
Alle Daten von Bloomberg, Stand: 29. Oktober 2018.
Quelle
1 Bezieht sich auf den möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone, der in den Jahren 2012 bis 2015 häufig für Schlagzeilen sorgte.
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