Zieht das Lohnwachstum in den USA endlich an?
Die Zeit rennt, und es werden bereits die ersten Konjunkturdaten für das 4. Quartal veröffentlicht. Mittlerweile liegt der Oktober-Bericht zur Beschäftigungslage in den USA vor. Die Geld- und Anleihenmärkte haben sich weiterentwickelt, und während die üblichen Schlagzeilen zur Arbeitslosenquote und zum Stellenaufbau in der jetzigen Phase des Konjunkturzyklus in den Hintergrund rücken, stehen die Löhne derzeit im Mittelpunkt. Laut dem neuesten Arbeitsmarktbericht des Bureau of Labour Statistics (BLS) sind die durchschnittlichen Stundenlöhne in den USA im Vergleich zum Vorjahr aus ihrer aktuellen Spanne ausgebrochen. Daher stellt sich die Frage, ob das Lohnwachstum in den USA endlich anzieht.
Zweifellos ist das Fehlen eines nennenswerten Lohnwachstums der „Knackpunkt“, auf den die Fed bei ihrem Politikausblick angespielt hat. Sicherlich zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Stundenlöhne nach oben. Der Verlauf und die Geschwindigkeit dieser Aufwärtsbewegung scheinen die Marktteilnehmer jedoch zu verwirren.
Abbildung 1: Durchschnittlicher Stundenlohn
Quelle: Bureau of Labour Statistics, Stand: 2. November 2018
Aus der obigen Grafik geht hervor, dass sich die Zuwachsrate der durchschnittlichen Stundenlöhne im Jahresvergleich seit Ende 2015 in einer eher engen Spanne zwischen +2,5% und +2,8% bewegt. Wurde in einem Monat ein überraschender Anstieg ausgewiesen, so kehrte sich dieser in der Folge wieder um, sodass im Grunde jede unerwartete Steigerung als „Fehlstart“ zu werten war. Laut dem BLS hat der annualisierte Anstieg der durchschnittlichen Stundenlöhne in den vergangenen drei Monaten nun aber zwei Mal die Schwelle von +3% erreicht. Der für Oktober ausgewiesene Zuwachs von +3,1% ist sogar der beste Wert seit Anfang 2009.
Nachdem nun in zwei der letzten drei Monate eine „3“ vor dem Komma des Lohnwachstums gestanden hat, könnte dies den Anfang der lang erwarteten Aufwärtsdynamik markieren. Wie schon in früheren Episoden zu beobachten, verläuft der Anstieg nicht immer linear. Aber allem Anschein nach geht es aufwärts. Ebenfalls ermutigend ist, dass sich das Lohnwachstum über verschiedene Branchen hinweg manifestiert. Dies spricht dafür, dass wir es dieses Mal nicht wieder mit einem „Ausreißer“ zu tun haben, der schon bald wieder korrigiert wird.
Fazit
Am US-Treasury-Markt waren zwar als Reaktion auf die ausgewiesenen Zahlen gewisse Verkäufe zu beobachten. Die Rendite 10-jähriger US-Treasuries hat sich aber nicht nennenswert erhöht, und es gibt keine Hinweise auf neuerliche Inflationssorgen. Die Inflationserwartungen sind, gemessen an den Breakeven-Spreads, nach Veröffentlichung des Beschäftigungsberichts nur geringfügig gestiegen. Für den Anleihenmarkt und die Fed ist diese Situation nicht neu. Mit einer stärkeren Reaktion ist daher erst dann zu rechnen, wenn sich das Lohnwachstum tatsächlich als nachhaltig erweist. Tatsächlich sind das genau die Art von Zahlen, auf die die Fed lange gewartet hat. Die Entwicklungen an der Lohnfront müssen allerdings genau im Auge behalten werden, da die Renditen 10-jähriger US-Treasuries bisher keine Überraschungen nach oben beim Lohnzuwachs und bei der Inflation im Allgemeinen einpreisen.
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