Handel USA China: Wann vs. was?
Wenn wir Investments in zwei Hauptkomponenten aufteilen, drehen sich die meisten Fragen darum, wann ge- oder verkauft werden sollte und was ge- oder verkauft werden sollte.
Die sich über die letzten 15 Monate hinziehenden Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China haben Investoren, die über keine entsprechende Position in China verfügen, dazu gezwungen, die erste Frage, wann gekauft werden sollte, in Betracht zu ziehen.
Unseres Erachtens ist es wahrscheinlich, dass noch vor dem G20-Gipfel im Juni ein offizielles Handelsabkommen unterzeichnet werden wird. Aufgrund dessen sollten Investoren über einen Plan verfügen, denn die Chance China ist potenziell zu groß, um sie in einem globalen Portfolio zu ignorieren.
Da die Zuversicht über ein bevorstehendes Abkommen auf dem Markt zugenommen hat, haben sich die globalen Aktienmärkte deutlich von dem schmerzlichen vierten Quartal 2018 erholt. Die verschiedenen Kennzahlen zu den chinesischen Märkten verfügen jedoch über einen hohen Verteilungsgrad – und das ist der Punkt, an dem die Frage, was ge- oder verkauft werden sollte, zur Priorität wird.
In Abbildung 1 unten sind sechs chinesische Aktien-Benchmarks dargestellt. Sofort fällt die Tatsache ins Auge, dass diese Märkte trotz der chinesischen Aktienmarktrallye im bisherigen Verlauf 2019 über den vorangegangenen Zeitraum von einem Jahr im Prinzip stagnieren. Dies könnte zumindest denjenigen als Trost dienen, die nur die Daten seit Jahresbeginn 2019 betrachten und sich fragen, ob sie die Rallye verpasst haben.
Abbildung 1: Kumulierte Performance wichtiger chinesischer Indizes zeigt eine fast stagnierende Performance im vergangenen Jahr (30. April 2018 bis 29. April 2019)
Quelle: Bloomberg, Stand: 29. April 2019.
Die historische Performance ist kein Anhaltspunkt für die künftige Performance und jedes Investment kann im Wert sinken.
Abwägung eines Benchmark-Engagements auf dem chinesischen Aktienmarkt
Ebenso geht klar aus Abbildung 1 hervor, dass die verschiedenen Aktien-Benchmarks für den chinesischen Aktienmarkt je nach Betrachtungszeitraum eine vollkommen andere Performance liefern können. Wir präsentieren hier einige Größen, die dabei helfen könnten, die Vor- und Nachteile des jeweiligen Ansatzes besser zu vergleichen. Obwohl wir nicht sagen können, welcher davon zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft die beste Performance liefern wird, könnte die Einbeziehung dieser Größen den Investoren dabei helfen, ihr Aktienengagement in China besser mit ihren allgemeinen Investmentzielen zu vereinen.
1. Anzahl der zugrunde liegenden Werte
Eine der allgemeinsten Messgrößen für die Performance des europäischen Aktienmarkts ist der MSCI Europe IMI Index, der mit Stand zum 29. März 2019 über 1431 Komponenten verfügt. Chinesische Aktien-Benchmarks können hingegen konzentrierter sein. Sehen wir uns die Benchmarks aus Abbildung 1 genauer an 11.
- MSCI China Index: 469 Unternehmen
- S&P China 500 Index: 563 Unternehmen
- MSCI China A Index: 387 Unternehmen
- CSI 300 Index: 300 Unternehmen
- FTSE China 50 Index: 50 Unternehmen
- Hang Seng Index: 50 Unternehmen
Die großen Unterschiede bei der Anzahl der in jedem dieser Indizes eingeschlossenen Unternehmen tragen definitiv dazu bei, dass eine differenzierte Performance zu erwarten ist. Wenn die Investoren über eine konkrete Sichtweise auf den Markt verfügen oder eine konkrete Theorie verfolgen, könnte unserer Erfahrung nach ein spezifisches Engagement in z. B. chinesischen A-Aktien2 sinnvoll sein. Herrscht jedoch ein hohes Maß an Unsicherheit und es wird ein breites Engagement im chinesischen Markt angestrebt, könnte ein stärker diversifizierter Ansatz, der A-Aktien wie auch andere Anteilsklassen und eine große Anzahl von Unternehmen umfasst, besser geeignet sein.
Unseres Erachtens sollte der Grad der Überzeugung in Relation dazu stehen, wie spezifisch (oder breit) das Engagement ausfallen sollte.
2. Sektorkonzentration
Angesichts der hohen Abweichung bei der Anzahl der Komponenten, wie oben untersucht, erscheint es logisch, dass auch die Analyse der Sektorengagements der verschiedenen Indizes für die chinesische Aktienmarkt-Performance einige Unterschiede aufwerfen dürfte. In Abbildung 2:
- Wir haben die Sektorkonzentration anhand unterschiedlicher Farben hervorgehoben. Horizontal betrachtet zeigt das dunkelgrüne Feld den Index mit dem höchsten Engagement in dem jeweiligen Sektor. Das dunkelrote Feld zeigt hingegen das niedrigste Engagement. Sind die Felder nicht dunkelgrün oder dunkelrot, weist dies auf ein weniger extremes Engagement in dem jeweiligen Sektor hin.
- Das Finanzwesen eignet sich gut als Beispiel. Der FTSE China 50 Index und der Hang Seng Index wiesen ein Engagement von mehr als 45 % allein in diesem Sektor auf – das ist fast die Hälfte des Index! Der S&P China 500 Index und der MSCI China Index wiesen hingegen ein Engagement von jeweils weniger als 25 % in diesem Sektor auf.
- Beim Abwägen eines Engagements in China, kommt es unseres Erachtens auch hier auf die Überzeugung an. Ist ein hohes Engagement im Finanzwesen und ein niedrigeres Engagement in anderen Sektoren das Ziel? Oder besteht das Ziel in einer gleichmäßigeren Verteilung? Das sind wichtige Fragen, die sich bei der Auswahl eines Index stellen.
Abbildung 2: Vergleich der Sektorgewichtungen in chinesischen Index-Benchmarks
Quelle: WisdomTree, Stand: 29. März 2019
3. Anteilsklassen
Eine weitere Schlagzeile, die für Aufmerksamkeit sorgte, war die Bekanntgabe von MSCI im Januar, dass das Unternehmen die Aufnahme von chinesischen A-Aktien in seine Indizes schneller vorantreiben werde. Obwohl die Bekanntmachung aufgrund des makroökonomischen Gegenwinds seitens des Handels untergegangen sein mag, stellt dies einen weiteren Schritt in Richtung der Liberalisierung des Finanzmarkts in China dar.
Der MSCI China A Index und der CSI 300 Index bieten zwei Möglichkeiten zur Nachbildung der Performance des Markts für chinesischen A-Aktien und wir wissen, dass einige Investoren sich auf diese spezifische Weise auf chinesische Aktien konzentrieren möchten. Doch schneiden chinesische A-Aktien immer besser ab als andere chinesische Anteilsklassen – beispielsweise H-Aktien , die an der Hongkonger Börse gehandelt werden? Nein – ähnlich wie die Vorhersage, welcher Sektor oder Faktor am besten abschneiden wird, gestaltet sich die Prognose bezüglich chinesischer Anteilsklassen ebenfalls schwierig. Der S&P China 500 Index ist darauf ausgelegt, ein Engagement über alle chinesischen Anteilsklassen hinweg aufzubauen. Der MSCI China Index macht immer größere Fortschritte in diese Richtung, doch mit Stand zum 29. März 2019 belief sich sein Gesamtengagement in A-Aktien immer noch auf weniger als 5 %. Im Vergleich dazu betrug dieser Anteil im S&P China 500 Index ca 50%4.
Abschließende Überlegungen
Da es sich bei den USA und China um die größten Volkswirtschaften der Welt handelt, geben die Beziehungen zwischen den beiden Ländern für die globalen Märkte den Ton an. Während die USA seit fast zehn Jahren auf den globalen Kapitalmärkten führend sind, steckt der Aufstieg Chinas noch in den Kinderschuhen. Die Investoren müssen prüfen, wie sehr sie von unterschiedlichen Messgrößen überzeugt sind, um optimal einzuschätzen, welcher Index für die Performance chinesischer Aktien für sie von größtem Interesse sein könnte.
Fonti
1 Bloomberg, Stand der Daten: 29. März 2019.
2 A-Aktien: Aktien, die an den Börsen Shanghai und Shenzhen gehandelt werden. Im Gegensatz dazu befinden sich Renminbi B-Aktien im Besitz ausländischer Investoren, die aufgrund von Einschränkungen durch die chinesische Regierung keine A-Aktien kaufen können.
3 H-Aktien: Bezieht sich auf Aktien von auf dem chinesischen Festland eingetragenen Unternehmen, die an der Hongkonger Börse gehandelt werden.
4 Factset, Bloomberg, Stand der Daten: 29. März 2019.