Platin 2019 im Aufwind
Palladium entwickelte sich in den letzten drei Jahren (vom 6. Juni 2016 bis zum 6. Juni 2019) stark und legte um 140 % zu. Die Performance seines Schwesternmetalls Platin stagnierte hingegen im gleichen Zeitraum. Die Platinpreise stiegen vor allem wegen des von Volkswagen 2016 ausgelösten Dieselskandals um nur 35 %. Die zwei Edelmetalle entwickeln sich für gewöhnlich sehr ähnlich, weil ein Großteil ihrer Nutzung (ungefähr 40 % bei Platin und 75 % bei Palladium) auf die Automobilindustrie entfällt. Dennoch gab es bei ihrer Performance in jüngster Zeit deutliche Unterschiede. Nach einem Allzeithoch von 1599,6 USD pro Feinunze am 20. März dieses Jahres ließ der Anstieg des Palladiumpreises allmählich nach. Unseres Erachtens war die aktuelle Korrektur des Palladiumpreises schon lange überfällig und ist noch lange nicht vorbei, da nach wie vor mehr Abwärtspotenzial besteht. Die Platinpreise erholen sich jedoch schön langsam und die Fundamentaldaten deuten auf weiteres Aufwärtspotenzial im Jahr 2019 hin. Das Palladium-Platin-Verhältnis (in der folgenden Grafik abgebildet) erreichte am 18. März mit 1,888 ein Rekordhoch. Seither ist das Verhältnis gesunken, weil die Platinpreise sich erholen und die Palladiumpreise sinken.
Abbildung 1: Verhältnis von Palladium zu Platin sinkt allmählich im Jahr 2019
Quelle: Bloomberg, WisdomTree. Daten zum Handelsschluss am 31. Mai 2019. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Maßstab für zukünftige Ergebnisse, und Anlagen können im Wert fallen.
Strikte Emissionsvorschriften verheißen Gutes für die Platinnachfrage
Die globale Automobilindustrie verzeichnete nach dem Rekordwachstum 2018 einen Rückgang. Laut dem Verband chinesischer Automobilhersteller sind die Autoverkäufe in China seit Beginn des Jahres 2019 im Vergleich zum Vorjahr um fast 15 % zurückgegangen. Nach Angaben des Dachverbands der Europäischen Automobilhersteller (ACEA) sank die Nachfrage nach Neuwagen in der Europäischen Union um 2,6 %. Von Januar bis April 2019 wurden insgesamt 5,3 Millionen Neuwagen registriert. In den USA gingen die Verkaufszahlen von Neuwagen von Januar bis April um 3 % zurück, verzeichneten aber im Mai 2019 einen unerwarteten Anstieg.
Abbildung 2: Globales Wachstum des Autoabsatzes
Quelle: Bloomberg, WisdomTree. Daten zum Handelsschluss vom 31. Januar 2011 bis zum 31. Mai 2019. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Maßstab für zukünftige Ergebnisse, und Anlagen können im Wert fallen.
Obwohl die Automobilindustrie einen Rückgang verzeichnet, dürften strengere neue Gesetze im Zeitraum von 2019 bis 2021 weltweit die Nachfrage nach Platin und Palladium fördern. Benzinbetriebene Fahrzeugkatalysatoren setzen Platin und Palladium in Kombination mit Rhodium ein. Bei Fahrzeugkatalysatoren, die mit Diesel betrieben werden, ist der Platinanteil viel höher. Wir gehen davon aus, dass die Verabschiedung strengerer Grenzwerte für die Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge in China und Indien die Nachfrage nach Platin im Vergleich zu Palladium steigern wird.
Abbildung 3: Emissionsgesetze für schwere Nutzfahrzeuge
Quelle: Johnson Matthey, WisdomTree. Stand: 31. Mai 2019.
Bitte beachten: BSVI – Bharat Stage VI in Indien EuroVI – Euro-6-Verordnung; China VI – China-VI-Gesetz
In China wird die Anzahl von schweren Nutzfahrzeugen mit Platinmetall-Katalysatoren aufgrund des Regierungsplans „Blue Sky Protection“, gemäß dem die ersten China-VI-Gesetze verabschiedet wurden, deutlich steigen. Ab Juli 2019 müssen alle in einigen chinesischen Städten und Provinzen verkauften Lkw mit modernen Systemen zur Abgasnachbehandlung ausgestattet sein. Auch die Nutzung von Platin für brennstoffzellenbetriebene Elektrofahrzeuge wird aller Erwartung nach zunehmen, während die chinesische Regierung ihr Programm zur Förderung von Elektrofahrzeugen umsetzt. In Indien, dem weltweit zweitgrößten Markt für leichte Diesel-Nutzfahrzeuge, weisen vorhandene Systeme zur Abgasnachbehandlung aufgrund der Emissionsvorschriften für leichte Fahrzeuge keine bzw. nur eine geringe Platinmenge auf. Dies dürfte sich allerdings ändern, da der Markt ab April 2020 von der Norm BSIV (gleichwertig mit Euro IV) zu BSVI (gleichwertig mit Euro VI) übergehen wird. Infolgedessen sollte die Nachfrage nach Platin wegen der höheren Anzahl von Katalysatoreinbauten steigen. Die für europäische Dieselfahrzeuge benötigten Platinmengen werden 2019 voraussichtlich weiter sinken. Da europäische Automobilhersteller danach streben, die Vorschriften der Norm Euro6d-TEMP zu erfüllen, wird statt platinhaltigen NOX-Speicherkatalysatoren verstärkt eine auf Nicht-Platinmetallen basierende selektive katalytische Reduktion für die Umwandlung von Stickoxiden eingesetzt. Wir erwarten, dass der Verbrauch von Platin in China und Indien den Rückgang der Platinnutzung in der europäischen Automobilindustrie jedoch mehr als wettmachen wird.
Investitionsnachfrage wird Platinnachfrage von anderen Quellen übertreffen
Die Nachfrage für Schmuck, auf die bei Platin fast 30 % entfallen, wird in China – ihrem wichtigsten Markt – voraussichtlich niedrig bleiben. In Indien wird die Nutzung von Platin für Schmuck hingegen steigen, selbst wenn der Ausgangspunkt niedrig ist. Auch von Industrieanwendungen (auf die 18 % des Platinverbrauchs entfallen) wird eine starke Nachfrage erwartet. Zurückzuführen ist dies auf strukturelle Faktoren, da Glas-, Benzin- und Chemieunternehmen ihre Kapazitäten aufstocken, um der Nachfrage nach Produkten wie Glasfasern, Kunststoffen und Silikonen gerecht zu werden. Was Investitionen betrifft, hat die Nachfrage nach Exchange Traded Funds (ETFs) für Platin seit Anfang 2019 deutlich an Dynamik gewonnen (wie die folgende Grafik zeigt). Wir gehen davon aus, dass diese Nachfrage bis Ende 2019 anhalten wird. Im Gegensatz dazu mussten Palladium-ETFs erhebliche Abflüsse hinnehmen. Seit dem Beginn des zweiten Quartals haben ETF-Anleger 85.000 Unzen Palladium verkauft. Seit Beginn des Jahres waren es 100.000 Unzen.
Abbildung 4: Physisch besicherte Exchange Traded Funds (ETFs)
Quelle: Bloomberg, WisdomTree. Daten zum Handelsschluss am 31. Mai 2019. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Maßstab für zukünftige Ergebnisse, und Anlagen können im Wert fallen.
Voraussichtliches Angebotsdefizit am Platinmarkt in diesem Jahr
Laut Johnson Matthey, dem weltweit größten Raffineur von Platin und Palladium, wird der Platinmarkt voraussichtlich ein geringes Angebotsdefizit von 127.000 Unzen aufweisen, nachdem in den vergangenen zwei Jahren ein Überschuss vorhanden war. Südafrika ist für die Produktion von fast 80 % der Platinmetalle weltweit verantwortlich. Die Platinhersteller in Südafrika bereiten sich auf Lohntarifvertragsverhandlungen mit den Gewerkschaften während des Sommers vor. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass die Gewerkschaft Association of Mineworkers and Construction Union (AMCU) zu Beginn der Verhandlungen der dreijährigen Lohntarife hohe Forderungen stellt. Dies erhöht das Risiko für einen Streik, der das Angebot am globalen Platinmarkt reduzieren könnte. Bisher hat die AMCU bereits gefordert, dass Arbeiter von den höheren Preisen der Platinmetalle profitieren sollten. Wir gehen nicht davon aus, dass die Verhandlungen zu umfassenden Streiks führen werden, aber angesichts der harten Verhandlungen schließen wir das Risiko für kurzfristige Streikmaßnahmen nicht aus.
Abbildung 5: Nettobilanz des Platin- und Palladiummarkts
Quelle: Johnson Matthey, WisdomTree. Daten zum Handelsschluss am 31. Mai 2019. Bitte beachten: Die Zahlen für 2019 basieren auf Prognosen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Maßstab für zukünftige Ergebnisse, und Anlagen können im Wert fallen.
Nachdem sich Platin in den letzten drei Jahren im Vergleich zu Palladium relativ schlecht entwickelte, erwarten wir nun, dass die Platinpreise von strengeren Vorschriften für die Automobilindustrie, einer höheren Investitionsnachfrage und einer stabilen Nachfrage vom Industriesektor profitieren werden. In Bezug auf den Palladiummarkt wird zwar davon ausgegangen, dass er im siebten Jahr in Folge ein Angebotsdefizit aufweisen wird, aber unseres Erachtens sind die Palladiumpreise bereits sehr hoch und es gibt weiter Spielraum für eine Preiskorrektur. Der Platinmarkt wird in diesem Jahr nach zwei Jahren in Folge mit einem Überschussangebot voraussichtlich ein Angebotsdefizit aufweisen. Angesichts des optimistischeren Ausblicks für die Nachfrage erwarten wir deshalb, dass sich die Platinpreise in diesem Jahr erholen werden.
Related Blogs
+ Platinmetalle: Automobilmarkt prägt die Nachfrage weiterhin