COP26 wird die Elektrifizierung beschleunigen – kann der Bergbau mithalten?
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Die COP26-Konferenz, die diesen Monat in Glasgow stattfindet, bringt weltweit politische Entscheidungsträger, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zusammen, um über die Zukunft der internationalen Klimapolitik zu diskutieren. Wichtig ist, dass die Entscheidungen, die im Zusammenhang mit diesem Ereignis getroffen werden, wahrscheinlich die Weichen für den Rohstoffsektor in den kommenden Jahrzehnten stellen werden.
Ein zentrales Ziel der Klimakonferenz ist es, bis Mitte des Jahrhunderts die globale Netto-Null zu sichern und 1,5 Grad in Reichweite zu halten1. Um dies zu erreichen, werden die Länder aufgefordert, für 2030 ehrgeizige Emissionsreduktionsziele vorzulegen, die darauf ausgerichtet sind, bis Mitte des Jahrhunderts netto null zu erreichen.
Die Beschleunigung der Einführung von Elektrofahrzeugen (EVs) ist eine der vier Säulen der COP26, die darauf abzielt, dieses ehrgeizige Netto-Null-Ziel zu erreichen. Schließlich verursacht der Verkehr rund 23 % der weltweiten CO2-Emissionen, und daher wird die Beschleunigung der Dekarbonisierung dieses Sektors ein Hauptaugenmerk der COP26 für alle teilnehmenden Länder sein.
Tatsächlich gelten Pkw im Vergleich zur Stahl- oder Zementindustrie angesichts sinkender Kosten für Elektrofahrzeuge, verbesserter Reichweiten und der Einführung von Ladeinfrastruktur theoretisch als einer der am leichtesten dekarbonisierungsfähigen Sektoren. Nach Wood Mackenzies Basisszenario werden die Pkw-Verkäufe mit Stecker – nämlich batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) und Plug-in-Hybride (PHEV) – bis 2025 11 % des Gesamtabsatzes ausmachen und bis 2030 auf 23 % ansteigen.
Um jedoch einen Pfad von 1,5 °C oder sogar 2 °C zu erreichen, wäre eine starke Abkehr vom aktuellen Basisfall erforderlich2. Es wird im nächsten Jahrzehnt eine Massenmarktaufnahme erfordern, auch in Schwellenländern, wobei Elektrofahrzeuge bis zum Ende des Jahrzehnts drei Viertel aller Verkäufe ausmachen werden. Die Lithium-Ionen-Technologie wird angesichts ihrer hohen Energie- und Leistungsdichte, ihres geringen Gewichts und des Fehlens wettbewerbsfähiger Alternativen das Arbeitspferd dieses Elektrifizierungsschubs sein.
Ohne Berücksichtigung anderer potenzieller Hindernisse – wie der Einführung von Ladeinfrastruktur, kohlenstoffarmer Energieerzeugung und Netzanpassung zur Bewältigung der Elektrifizierung des Massenmarkts – wird der erforderliche Anstieg des Elektrofahrzeugabsatzes zur Erreichung eines Netto-Null-Pfads, die Lithium-Ionen-Lieferketten extrem unter Druck setzen.
Go go Giga-Fabriken
Zunächst werden wir viel mehr groß angelegte Produktionsanlagen für Lithium-Ionen-Zellen – so genannte „Giga-Factories“ oder „Mega-Factories“ – brauchen, als derzeit geplant. Der Bau dieser Werke zieht innerhalb der Branche oft viel Aufmerksamkeit auf sich. Politikerinnen und Politiker können auf die geschaffenen Beschäftigungsmöglichkeiten hinweisen und ihre Region auf dem „Weg der Elektrifizierung“ proklamieren! Tatsächlich sehen wir die derzeit geplante Fertigungskapazität als weitgehend ausreichend an, um die Nachfrage im kommenden Jahrzehnt zu decken.
Aber unter der beschleunigten Einführung von Elektrofahrzeugen, um die Netto-Null-Ziele zu erreichen, steigt das Ausmaß der Investitionen. Wenn wir eine derzeit in Ungarn in Entwicklung befindliche 30-GWh-Anlage des südkoreanischen Batterieherstellers SK Innovation als Modell verwenden, würde das Erreichen der Netto-Null-Trajektorien bis 2030 zusätzliche 4.600 GWh Kapazität erfordern, was Investitionen in Höhe von rund 353 Milliarden US-Dollar nötig macht.
Um den Mix noch komplexer zu machen, müssen sich die Hersteller auch an neue Technologien anpassen. Festkörperbatterien zum Beispiel werden wahrscheinlich im nächsten Jahrzehnt in Produktion gehen und komplexere Herstellungsprozesse erfordern als aktuelle Batterien.
Die Energiewende beginnt und endet mit Metallen
Aber seitens des Bergbaus wird es noch schwieriger. Die zum Antrieb der Elektrofahrzeuge notwendigen Lithium-Ionen-Batterien enthalten eine Vielzahl von Rohstoffen, die zum Erreichen eines Netto-Null-Pfads massiv skaliert werden müssen. Insbesondere Kathodenmaterialien wie Lithium, Kobalt und Nickel würden in den nächsten zehn Jahren ein beispielloses Nachfragewachstum verzeichnen.
Quelle: Wood Mackenzie. Prognosen ab 2021. Lithiumcarbonat-Äquivalent
Prognosen sind kein Maßstab für zukünftige Ergebnisse und Anlagen jeglicher Art unterliegen Risiken und Unsicherheiten.
Betrachtet man nur Lithium, so würde der Markt bis 2030 fast zwanzig neue Minen der gleichen Größe wie Greenbushes in Australien benötigen – derzeit die größte Lithium-produzierende Mine der Welt. Und wirklich, es gibt keine Abkürzungen für die Entwicklung der primären Minenversorgung mit Zeiträumen von der ersten Entdeckung bis zur ersten Lieferung, die zehn Jahre oder mehr betragen können. Hinzu kommen die steigenden ESG-Anforderungen, die geringe Risikobereitschaft der Rechtsprechung und der gesellschaftliche und politische Widerstand gegen die Entwicklung der Primärförderung.
Und dies ist das Nadelöhr, durch das das Kamel muss. Die COP26 wird wahrscheinlich alle Hebel in Bezug auf die Stimulierung der Nachfrage ziehen, wobei aggressivere Ziele zur CO2-Reduktion durch eine schnelle Elektrifizierung ermöglicht werden. Doch gerade auf der Angebotsseite – den Bergwerke, Hütten und Raffinerien, die zur Herstellung von Batteriematerialien benötigt werden – fehlt es zumindest in den westlichen Ländern bisher an politischen Initiativen. Hoffentlich werden wir nach der Konferenz eine zunehmende Anerkennung und vor allem Maßnahmen zur Sicherung dieser für die Energiewende entscheidenden Schlüsselmaterialien sehen.
Dieser Artikel wurde von Gavin Montgomery, Director – Battery Raw Materials, bei Wood Mackenzie verfasst.
Die in diesem Blog zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind die von Wood Mackenzie. Jeder Verweis auf „wir“ sollte als die Ansicht von Jesper angesehen werden und nicht notwendigerweise die von WisdomTree Europe.
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Quelle
1 Das im Jahr 2015 geschlossene Pariser Abkommen ist ein rechtsverbindliches internationales Abkommen zum Klimawandel. Sein Ziel ist es, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2, vorzugsweise auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
2 Der Basisfall von Wood Mackenzie entspricht einem Pfad von 2,5 °C bis 2,7 °C
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