Was sagen uns die Ergebnissaison und BVPs „Cloud 100“ über Cloud-Computing?
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Wir haben bei WisdomTree das Vergnügen, mit Bessemer Venture Partners (BVP) zusammenzuarbeiten: Das Risikokapitalunternehmen bietet uns Know-how und Einblicke in den Cloud-Computing-Markt.
Außerdem veröffentlicht BVP eine jährliche Studie über die „Cloud 100“, die 100 bedeutendsten privatwirtschaftlichen Cloud-Unternehmen. Bei Software haben die Verhaltens- und Aktivitätstrends auf den Privatmärkten viel damit zu tun, was wir auf den öffentlichen Märkten sehen. Die bedeutendste Veränderung im Vergleich zum Vorjahr war die Einführung von ChatGPT und der anschließende Fokus auf große Sprachmodelle (LLMs) und generative künstliche Intelligenz (KI). Allerdings ist es auch sinnvoll, in einem von deutlich höheren Zinsen geprägten Umfeld Fundamentaldaten wie Wachstum und Bewertung zu betrachten.
Die Ende 20211 zu beobachtenden Spitzenwerte liegen tatsächlich gar nicht so weit zurück. Der Cloud-100-Bericht 2023 könnte uns in Verbindung mit den Ergebnisveröffentlichungen der Unternehmen eine wichtige Perspektive für den Softwarebereich bieten.
Die Entwicklung der Bewertungen
Bei börsennotierten Softwareunternehmen wurde bis 2021 ein massiver Bewertungsanstieg verzeichnet, während 2022 ein schwierigeres Jahr war und 2023 eine Erholungsrallye einsetzte. In Abbildung 1 betrachten wir die Zahlen von BVP zur Bewertung der privaten Cloud-100-Unternehmen:
- In Abbildung 1 sind für jedes Jahr drei Zahlen angegeben: Eine steht für die zehn führenden Cloud-Unternehmen, eine weitere für die 90. bis 100. privaten Cloud-Unternehmen, die dritte ist die vollständige Liste.
- Das durchschnittliche Cloud-100-Unternehmen ist im Jahr 2023 6,6 Milliarden US-Dollar wert, 10 % weniger als im Vorjahr, aber immer noch 27 % mehr als der Durchschnitt des Jahres 2021. Das Umfeld war schwieriger, aber offenbar keine Katastrophe.
- In den letzten sieben Jahren konnten die zehn größten privaten Cloud-Unternehmen ihre Bewertungen um durchschnittlich 30 % pro Jahr steigern und damit einen Wertzuwachs von 17,7 Milliarden US-Dollar erzielen. Die Unternehmen auf den Plätzen 90 bis 100 konnten ihre Bewertungen um durchschnittlich 38 % pro Jahr in die Höhe treiben. Entscheidend ist, dass auf den privaten Märkten steigende Bewertungen über das gesamte Spektrum hinweg zu beobachten sind, nicht nur bei den Spitzenunternehmen.
Abbildung 1: Durchschnittliche Bewertungen der Cloud-100-Unternehmen im Zeitverlauf
Quelle: D'onofrio et al. „The Cloud 100 Benchmarks Report 2023.“ Bessemer Venture Partners. 8. August 2023.
Die historische Wertentwicklung ist kein Hinweis auf die künftige Wertentwicklung, und Anlagen können im Wert sinken.
Eine weitere wichtige Kennzahl für Softwareunternehmen ist der „jährlich wiederkehrende Umsatz“ (Annual Recurring Revenue, ARR). Man kann den Marktwert privater Unternehmen heranziehen und zum ARR in Beziehung setzen. Abbildung 2 zeigt, dass die Cloud 100 von ihrem kurzfristigen Höchststand im Jahr 2021 auf dieser Grundlage von 34 x auf 26 x gesunken sind (ein Minus von 21 %).
- Wir wissen jedoch, dass keine Entwicklung auf unbestimmte Zeit geradlinig verläuft. Von 2016 bis 2021 ist der ARR-Multiplikator von 9 x auf 34 x gestiegen, was einem Plus von 278 % entspricht. Da die Zinsen inzwischen deutlich höher liegen, war eine Anpassung der Multiplikatoren zu erwarten.
Abbildung 2: Die Cloud-100-Multiplikatoren basierend auf dem jährlich wiederkehrenden Umsatz
Quelle: D'onofrio et al. „The Cloud 100 Benchmarks Report 2023.“ Bessemer Venture Partners. 8. August 2023.
Die historische Wertentwicklung ist kein Hinweis auf die künftige Wertentwicklung, und Anlagen können im Wert sinken.
Wachstum ist die andere Seite der Bewertung
Wenn wir mit Anlegern die Bewertung von Softwareunternehmen erörtern, stellen wir sicher, dass wir auch über Wachstum sprechen. Denn im Vergleich zu vielen anderen Geschäftsmodellen kann es sein, dass Software einfach einen strukturell höheren Bewertungsmultiplikator hat. Ein Grund dafür ist, dass viele Softwareunternehmen auch eine strukturell höhere Wachstumsrate aufweisen.
In Abbildung 3 ist Folgendes zu sehen:
- Das durchschnittliche Cloud-100-Unternehmen prognostizierte 2017 ein Wachstum von 60 % – eine Zahl, die bis 2022 auf 100 % kletterte. Natürlich unterliegt diese Kennzahl einer gewissen Volatilität, sodass der Wert 2023 wieder auf 55 % zurückging.
- Bei Software haben die besten Unternehmen häufig Fundamentaldaten, die eine Größenordnung über denen durchschnittlicher oder schlechterer Unternehmen liegen. Wenn wir das oberste Quartil der Cloud 100 betrachten, prognostizierte das durchschnittliche Unternehmen im Jahr 2017 ein Umsatzwachstum von 65 %, das sich bis zum Jahr 2022 auf 120 % erhöhte. Auch diese Zahl verringerte sich im Jahr 2023, in diesem Fall jedoch auf 70 %.
Abbildung 3: Wachstumsraten der Cloud 100
Quelle: D'onofrio et al. „The Cloud 100 Benchmarks Report 2023.“ Bessemer Venture Partners. 8. August 2023.
Die historische Wertentwicklung ist kein Hinweis auf die künftige Wertentwicklung, und Anlagen können im Wert sinken.
Ergebnissaison: Optimierung vs. Rezession
Wir alle haben den Anstieg der Inflation und die Reaktion der Zentralbanken beobachtet. Es lag nahe, anzunehmen, dass eine Anhebung der Leitzinsen zur Bekämpfung der Inflation eine Rezession auslösen könnte. Während eine mögliche Rezession im Gespräch war, war es wichtig, die Technologiebudgets insgesamt unter diesem Aspekt zu betrachten. Die Ausgaben für Software sind nicht unbegrenzt – und es sind diese Ausgaben, die größtenteils das Umsatzwachstum der Cloud-Computing-Unternehmen bestimmen. Eines der wichtigsten Barometer ist das Umsatzwachstum bei den „Big 3“ (Google Cloud, Amazon Web Services bzw. AWS und Microsoft Azure), da sie den Löwenanteil des Cloud-Marktes repräsentieren. Wenn diese Unternehmen Umsatzeinbußen verzeichnen, wird es für allgemeine Cloud-Unternehmen schwieriger, ein starkes Wachstum zu erzielen.
- Google Cloud: Google Cloud ist das kleinste Unternehmen der „Big 3“. Der Konzern erwirtschaftete in dem am 30. Juni 2023 endenden Quartal einen Umsatz von gut 8 Milliarden US-Dollar. Das entsprach einem jährlichen Wachstum von etwa 28 %2.
- Amazon Web Services: Gemessen am Marktanteil ist Amazon Web Services der größte Anbieter der „Big 3“. Die Plattform erwirtschaftete im Quartal einen Umsatz von über 22,1 Milliarden US-Dollar, was einem Wachstum von etwa 12 % im Vergleich zum Vorjahr gleichkam. Der Nettoumsatz der Plattform belief sich in den letzten zwölf Monaten auf 85,4 Milliarden US-Dollar3.
- Microsoft Azure: Microsoft Azure ist nach Marktanteil die Nummer 2 unter den „Big 3“. Microsoft meldete, dass der Umsatz mit Azure und anderen Cloud-Diensten bei konstanten Wechselkursen um 27 % gegenüber dem Vorjahr zugenommen hat4.
Das Umsatzwachstum dieser Plattformen im Jahresvergleich reicht nicht mehr an die Marke von über 30 % heran. Es ist jedoch immer noch positiv, und wir sprechen über einen Gesamtpool von Umsatzerlösen, der sich in der Größenordnung von 200 Milliarden US-Dollar pro Jahr bewegt.
KI könnte das Tempo anheizen
Das Thema des Jahres 2023 war künstliche Intelligenz. In der Ergebniskonferenz von Alphabet wurde Folgendes gesagt5:
Unsere KI-optimierte Infrastruktur ist eine führende Plattform für das Training und den Betrieb generativer KI-Modelle. Mehr als 70 % der Unicorns im Bereich der generativen KI sind Kunden von Google Cloud, darunter Cohere, Jasper, Typeface und viele mehr.
Die Zukunft mag zwar mehr KI auf physischen Geräten wie Smartphones beinhalten, derzeit findet der Großteil der Entwicklung, des Trainings und der Inferenzen jedoch in der Cloud statt.
Microsoft hat sich im Wettbewerb um das KI-Storytelling einen Vorsprung verschafft, denn es bietet den Zugang zu GPT-4 über seine Azure-Plattform an und setzte einen Premium-Preis von 30 US-Dollar pro Nutzer und Monat für den Zugang zu Copilot als Teil von Office 365 fest6.
Nach Ansicht vieler entwickelt sich ein „Wettkampf“ zwischen Alphabet und Microsoft, aber auch Amazon.com ist nicht untätig. Innerhalb des AWS-Ökosystems hat das Unternehmen spezielle Halbleiter für Training (Trainium) und Inferenz (Inferentia) entwickelt, um große KI-Modelle effizient trainieren und einsetzen zu können7.
Schlussfolgerung: KI und die Cloud sind eng miteinander verflochten
Wir unterstützen die Ansicht von BVP, dass KI das Wachstum von Software beschleunigt, da sie den Nutzern einen weiteren Grund gibt, ihr technisches Ökosystem zu bewerten und zu prüfen, ob es ihren wachsenden Bedürfnissen gerecht wird. Auch wenn die Entwicklung sicherlich nicht einheitlich verlaufen wird, wird ein Aufschwung bei KI unseres Erachtens auch mit den Impulsen für das Cloud-Wachstum zusammenhängen.
Quellen
1 Quelle: Bloomberg, unter Verwendung des BVP Nasdaq Emerging Cloud Index-Universums, mit im November und Dezember 2021 gemessenen Bewertungen.
2 Quelle: https://abc.xyz/assets/20/ef/844a05b84b6f9dbf2c3592e7d9c7/2023q2-alphabet-earnings-release.pdf
3 Quelle: https://s2.q4cdn.com/299287126/files/doc_financials/2023/q2/Webslides_Q223_Final.pdf
5 Quelle: https://abc.xyz/assets/f1/cc/ee9f31bd40e399789d3fb8315bc7/2023-q2-earnings-transcript.pdf
6 Quelle: Weiss et al. „Inspire-d by an Even Larger Microsoft 365 Copilot.“ Morgan Stanley Research. 19. Juli 2023.
7 Quelle: Allgemeine Informationen zu den KI-Funktionen von Amazon Web Services.
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+ Unsere Erkenntnisse aus dem „State of the Cloud“-Bericht 2023 von Bessemer Venture Partners